Bundeskanzler Olaf Scholz macht sich Gedanken über die Kunst- und Kulturfreiheit in Deutschland. "Mich besorgen die Angriffe auf kulturelle Einrichtungen", sagte der SPD-Politiker während einer Feier zur Bundeskulturpolitik in Berlin. "Künstlerinnen und Künstler, die sich gegen Ausgrenzung und Hass, Antisemitismus und Rassismus wenden, werden attackiert." Kulturelle Veranstaltungen würden gestört, Kultureinrichtungen müssten neue Sicherheitskonzepte entwickeln.
"Angriffe gegen die Kunstfreiheit richten sich nie nur gegen Einzelne", so Scholz. "Sie sind immer auch Angriffe auf die freiheitliche und plurale Gesellschaft insgesamt."Deswegen müsse dagegen vorgegangen werden mit Solidarität und besseren Argumenten. Scholz betonte die Bedeutung kulturellen Lebens. "Auch wenn die Kultur keinen Staat braucht, um zu existieren, so kann es doch kein Unternehmen und keinen Staat geben ohne Kultur", sagte er.
Der Kanzler verwies auf Fliehkräfte in nahezu allen liberalen Demokratien, "Deutschland ist da leider keine Ausnahme". Er sprach von der Notwendigkeit, in einer diversen und vielschichtigen Gesellschaft das Gefühl von Gemeinsamkeit immer wieder neu zu begründen. Empathie und Respekt, so Scholz, "können wir nicht politisch verordnen. Diese Werte müssen wir erfahren und sie müssen gelebt werden. Hier kommt die Kultur ins Spiel." Kunst und Kultur wirkten gegen vorgefertigte Meinung und für andere Perspektiven. "Kultur kann deswegen immer wieder den Gegenbeweis zu allen Spaltungsbehauptungen antreten."
Kultur könne Wege für Verständigung zeigen, so der Kanzler. "Wir sind mitnichten dazu verdammt, in Deutschland und Europa auseinanderzudriften, wie uns Populisten und Extremisten das einreden wollen."
Kultur darf laut sein
"Kultur darf und muss provozieren und kritisieren. Kultur darf und muss Probleme und Konflikte auf die Bühne bringen. Kultur darf und muss laut sein und alle Möglichkeiten des Ausdrucks ausloten", sagte Scholz.
Aus Sicht von Kulturstaatsministerin Claudia Roth ist Kultur kein Beiwerk ohne Bedeutung. "Kultur ist eine Bedingung menschlicher Gesellschaft", sagte die Grünen-Politikerin. Die Kraft der Kultur gewinne umso mehr Bedeutung, "je weiter uns Krieg und Krisen auseinandertreiben lassen".
Kultur ist Ländersache in der Bundesrepublik. Allerdings hatte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) 1998 erstmals eine in der Regierung verankerte Stelle für Kulturpolitik eingerichtet. Seitdem sitzt die Kultur am Kabinettstisch.