Spark Art Fair in Wien

Kunstmesse mit selbstreflexiven Wendungen

Die Spark Art Fair lohnt den Besuch bei Positionen junger Kunst. Mit der zweiten Ausgabe der Wiener Kunstmesse kamen interessante Entdeckungen aus den rebellischen 1970er-Jahren hinzu

Ausgerechnet Rinder wurden noch bis in die 1990er-Jahre in der eleganten, schmiedeeiseren Hallenkonstruktion aus dem 19. Jahrhundert gehandelt. Nun war es Kunst. Und es schaute so aus, als ob das immer so gewesen wäre, so einladend-funktional wirkte die Ausstellungsarchitektur der Spark Art Fair in der Marx-Halle im 3. Wiener Gemeindebezirk. Je vier Galerien sind im Kreis angeordnet, jede hat den gleichen Raum, nämlich ein Viertel vom Kreis und jede der 80 vertretenen Galerien zeigte nur eine Künstlerin oder einen Künstler aus ihrem Programm.

Die Summen übrigens, um die es damals und um die es jetzt ging, dürften sich in einem ähnlichen Bereich bewegen. Denn mit einer Standmiete von rund 4500 Euro ist die Spark für die teilnehmenden Galerien eine Chance, ihre jüngeren und preislich moderateren Positionen vorzustellen. Die Wiener Galerie Kandlhofer war etwa mit der Preview schon ausverkauft. Die Gemälde des jungen, 1997 in der russischen Weißmeer-Hafenstadt Archangelsk geborenen Künstler Alexander Basil gingen nach Amerika und Asien (1.500 bis 7.5000 Euro). Nur ein Bild des Künstlers, der als Protagonist seiner Bilder immer nackt auftritt und der sich hier nun bei den häuslichen Tätigkeiten des Nähens und Bügelns in allen spiegelnden Flächen ständig selbst begegnet, bleibt in Europa.

Anti-zyklisch zu Corona-Zeiten hatte Renger van den Huevel, langjähriger Geschäftsführer der Kunstmesse Viennacontemporary, die Spark Art Fair letztes Jahr zum ersten Mal aufgelegt. Der Erfolg gab ihm Recht, wie auch die zweite Ausgabe vom 24. bis zum 27. März zeigte. Für drei kuratierte Sektionen mit insgesamt 28 Einzelpositionen holte er sich den Schweizer Kurator Christoph Doswald für "Spark Expanded" an Bord, die Fotofrauen Bettina Leidl und Marieke Wiegel für "Fotografie" und Fiona Liewehr für "Die vierte Wand". Die teuerste Arbeit der Messe hielt die Galerie nächst St. Stephan bereit, wo Daniel Knorr das Peel P50 Einsitzerauto in seinen bunten Einzelteilen an die Wände gehängt hat. Offensichtlich hatte er es durch jene Autowaschanlage laufen lassen, die er 2019 auf der Art Basel Unlimited vorgestellt und die statt Seifenlauge Farbe versprüht hatte. Kauft man sämtliche Teile, um Knorrs Modell des kleinsten Autos der Welt wieder zusammenzubauen, kostet das 150.000 Euro.

Künstler der Galerie nächst St. Stephan war einmal Robert Lettner (1943-2012) aus dessen Nachlass die Wiener Galerie Wonnerth Dejaco drei Bilder aus der Serie "Kalte Strahlung" von 1972 zeigte (je 48.000 Euro). Der Geist der rebellischen 1970er-Jahre ist in den Leinwänden, die während eines Stipendienaufenthalts an der Londoner Slade School of Fine Art entstanden, sofort spürbar. Auch wenn Lettner die filmischen und fotografischen Bildvorlagen aus dem Pariser Mai 1968 und den studentischen Drucksachen in Abstraktion, Unschärfe und monochrome Airbrush-Partien überführt.

Aus den 1970er-Jahren stammen auch die performativ-feministischen Fotoarbeiten der heute 85-jährigen Margot Pilz, die gerade vom Kunstmarkt entdeckt wird. Wer Glück hatte, dem wurden von der Klagenfurter Galerie3 die kleinen Abzüge von der Porträtperformance mit Donna Summer gezeigt. "The White Cell Project" (1983-85), eine große sechsteilige Fotoarbeit, die zwei Lesarten, die des Verschwindens der Künstlerin und die ihres Hervorkommens anbietet, suchte für 18.000 Euro einen Platz in einer öffentlichen Sammlung.

Künstlerinnen sind auf der Spark erfreulich gut vertreten, von 99 Positionen sind 52 weiblich. Interessant die Kleinformate von Mercedes Mangrané bei Georg Kargl (3.000 Euro) mit ihrem pastosen Farbauftrag, der manchmal fast abzublättern scheint. Ein Bild der Serie verrät die zugrunde liegende Motivik: Das verwischte Dreieck erinnert deutlich an ein Ultraschallbild, das während ihrer Schwangerschaft entstand.

Insgesamt dominiert Malerei, gerne in selbstreflexiver Wendung, wobei die Leinwand selbst und die Rahmung thematisiert werden wie bei Milan Vagac bei Tomas Umrian Contemporary aus Bratislava, oder es werden die Pigmente und Physik der Lichtbrechung zum Thema wie bei Daniel Lergon, dessen minimalistischen Kompositionen bei Crone zwischen Flächigkeit und Räumlichkeit changieren (3.800 bis 12.500 Euro). Auch Robert Schaberl bei der Salzburger L.Art Galerie lässt die Pigmente in bis zu 70 Farbschichten in Kreisen rotieren, wobei sich je nach Standort nicht nur die räumliche, sondern auch die Farbwahrnehmung ändert.

In der hellen freundlichen Atmosphäre Marx-Halle scheinen der Alltag und der Krieg weit weg zu sein, aber dann bleibt der Blick an den rätselhaften Zeichnungen von Ariel Reichman bei der Berliner Galerie PSM hängen. Seine "Pre/Post Disasters of War“ handeln vom Krieg so wie ihn einst Francisco de Goya in seiner Serie "Los Desastres de la Guerra" festhielt. Reichman zeichnet die Serie nach, lässt aber die Gräuel weg, nur die Landschaft, der Baum, der Boden, auf dem das Schlachten stattfindet, bleibt auf dem Blatt. Ähnlich arbeitet der südafrikanische Künstler bei seiner Serie "Military Landscapes". Auch hier malt er die Abzeichen ab, die in der israelischen Armee verschiedene Truppenteile identifizieren, lässt aber das eigentlich Emblem weg. Nur noch der Hintergrund vor dem es steht, bleibt als stark farbige, abstrahierte Landschaft Bildmotiv. Für 8.000 Euro ging eine Videoarbeit von ihm an eine Sammlung in der Schweiz: In ihr hat er Bruce Naumans Videoperformance "Walking in an Exaggerated Manner ..." (1967) überarbeitet, und nun sieht man ihn in "Crawling in an Exaggerated Manner Around the Perimeter  of a Square" (2009) soldatisch militärisch über den Boden robben.