Kate Moss als Muse

Sphinx ohne Geheimnis

Jetzt kommt sie unter die Haube, aber wer eigentlich ist Kate Moss? Die größten Maler und Bildhauer der Gegenwart sind an einem gültigen Porträt des Models mit beeindruckender Regelmäßigkeit gescheitert

Michel Houllebecq schildert in seinem jüngsten Roman „Karte und Gebiet“ den Maler Jed Martin, der sich an einem Doppelporträt der Künstler Jeff Koons und Damien Hirst versucht. Die Darstellung Hirsts ist kein Problem („Man konnte ihn als brutalen, zynischen Typen wiedergeben, mit einem Ausdruck der besagte: ‚Ich bin so reich, dass ich es mir leisten kann, auf euch zu scheißen‘“). „Koons dagegen“, so heißt es weiter „schien etwas Doppeldeutiges an sich zu haben, eine Art unlösbaren Widerspruch zwischen der üblichen Gerissenheit eines Vertriebsleiters aus der Technikbranche und der Überspanntheit eines Asketen. Schon seit drei Wochen arbeitete Jed am Gesichtsausdruck von Koons; es wäre nicht schwieriger gewesen, einen pornografischen Mormonen zu malen.“

Möglicherweise ist es aber noch schwieriger, Kate Moss zu malen. Seit gut 15 Jahren haben sich zahlreiche Künstler an dem britischen Topmodel abgearbeitet, keiner scheint ihr wirklich nahe gekommen zu sein. Gary Hume schuf ein abstraktes „Kate“-Portrait, das Gesicht überzogen mit einer wolkigen Aluminium-Textur. Chuck Close, berühmt für seine hyperrealistische Malerei nach fotografischen Vorlagen, fertigte von Moss lieber eine Daguerreotypie als ein Gemälde an. Der große Psychoanalytiker unter den Maler, Lucian Freud, betrachtete seine Darstellung der schwangeren Moss als gescheitert: Es war ihm nicht gelungen, etwas von Moss‘ Persönlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Alex Katz sagte über Moss: „Sie ist völlig gewöhnlich. Das macht sie so ungewöhnlich“ – und malte sie mit einer kabukihaften Maske. Und selbst Moss‘ Intimfreundin Tracey Emin beschränkte sich auf eine schemenhafte Skizze.

Man spricht bei Models gerne davon, dass sie das Gesicht einer Kampagne seien. Aber welches Gesicht ist Kate Moss? Am heutigen Freitag heiratet die 37-Jährige den Musiker Jamie Hince, Motto der Party: „Glastonbury meets The Ritz“. Noblesse und Hippies, Stars und Künstler werden kommen, und mitten drin: Kate Moss – der blinde Fleck des sozialen Orkans, die Sphinx ohne Geheimnis.