In der Diskussion um Rückgaben von Objekten aus der Kolonialzeit will sich der Stiftungsverband Open Society Foundations mit Kompetenz, Kontakten und Finanzmitteln offensiv einbringen. "Das ist ein komplexes Thema und bedarf viel multilateraler Anstrengungen", sagte Selmin Caliskan, Direktorin für Institutionelle Beziehungen, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Wir sehen uns dazu in der Lage, weil wir in allen Windrichtungen sitzen, gut vernetzt und vor Ort sind. Durch unsere eigenen afrikanischen Stiftungen haben wir auch gute afrikanische Kontakte."
"Wir arbeiten genau an dieser Schnittstelle der Themen soziale Gerechtigkeit, Umsetzung der Menschenrechte, Umsetzung von internationalem Recht und sozialer ökonomischer Gerechtigkeit", sagte Caliskan. Die Open Society Foundations gehen auf Stiftungen des US-amerikanischen Milliardärs George Soros zurück. Nach Anfeindungen durch die rechtsnationale Regierung in Ungarn hatte die Stiftung ihre Europazentrale in Budapest geschlossen und nach Berlin verlagert.
Bei der Rückgabe von Kolonialobjekten sollen in den kommenden vier Jahren Aktivisten, Wissenschaftler und Kulturschaffende mit insgesamt 13 Millionen Euro unterstützt werden. "Wir sind eine Stiftung, wir haben Geld", sagte Caliskan, "wir wollen dieses Geld genau in diese Dynamik tun, damit diese Dynamik weiter Gutes tun kann. Wir wollen nicht, dass diese internationale Debatte wieder einschläft."
Bis heute gebe es viel Ungerechtigkeit in Afrika, die mit der Kolonialherrschaft und den Auswirkungen bis heute zu tun habe. "Menschen haben zum Beispiel Land in Namibia verloren, wo eine Quelle draufsteht. Die heutige Generation sagt, uns ist diese Quelle damals weggenommen worden und deswegen leben wir jetzt in bitterer Armut. Aber niemand entschädigt uns."
"Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte braucht Zeit"
Die Bundesregierung wolle in Bezug auf Wiedergutmachung nichts unternehmen, sich auf der anderen Seite aber öffnen für die Herausgabe von Kulturgütern. "Wir sind genau in dieser ganzen Gemengelage drin und fragen: Wo ist eigentlich die Zivilgesellschaft, was sind ihre Themen?" Die Stiftungen wollen bündeln, "damit die Zivilgesellschaft eine laute Stimme bekommt". Mit den Mitteln könnten zivile Organisationen "ihre Ziele selber formulieren und eigene Strategie entwickeln, wie sie mit ihren Regierungen reden wollen, was sie fordern". Zudem wäre eine Vernetzung innerhalb Europas möglich.
75 Prozent der Mittel sollen laut Caliskan an die Zivilgesellschaft aus afrikanischen Ländern gehen, die auf dem Kontinent aktiv sind. Das restliche Viertel werde in Deutschland und Europa vergeben. Dabei begrenzen die Open Society Foundations ihre Förderung auf 33 Prozent. "Wir wollen keine spendengetriebenen Projekte produzieren." Die Gruppen sollten versuchen, noch andere Förderer zu finden.
Nach Einschätzung Caliskans sitzen nicht alle Akteure zusammen, die über das Thema sprechen sollten. Die Stiftungen wollen versuchen, diese Akteure an einen Tisch zu bekommen. "Es gibt einen richtigen Push in Form von Unterstützung für kritische Zivilgesellschaft, die den Finger in die Wunde legt."
Es sei wichtig, geraubte Kolonialgüter und menschliche Gebeine zurückzugegeben. "Gleichzeitig wissen wir, dass es ein ganz langer Prozess ist, der mit Aufarbeitung zu tun hat in Deutschland, mit Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte, auch mit eigener Täterschaft. Das heißt, das sind ganz dicke Bretter, die gebohrt werden müssen. Dieser Prozess braucht Zeit und auch Sensibilität."