Ausstellung in Hamburg

Trauer in allen Facetten

Vom Probeliegen im Grab bis zu Andy Warhols ikonischem Porträt "Jackie": Eine große Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle widmet sich dem Thema Trauern

Verrückte Zeiten. Während die Welt jeden Tag ihre Corona-Toten zählt, muss eine Ausstellung über Trauer geschlossen bleiben, damit es nicht noch ein paar mehr werden. Hoffentlich macht sie nach der Pause nochmal auf, der Bedarf dürfte leider noch gestiegen sein. Im strengen Kubus der Galerie der Gegenwart, auf zwei Etagen mit insgesamt 30 Künstlern hat sich Brigitte Kölle von der Hamburger Kunsthalle der Trauer in allen Facetten gewidmet.

Da laufen drei noch ziemlich junge Menschen um ein leeres Grab herum und rauchen, eine legt sich probehalber schon mal rein (Rosemarie Trockel, Manus Spleen I, ). In einer großen Videoinstallation fährt man durch Amerika, auf exakt derselben Zugstrecke wie sie die Leiche des Robert F. Kennedy zurücklegte ("8th June 1968" von Philippe Parreno). Die Arbeiten sind teils eigens für die Schau entstanden, teils museal wie Warhols elegische "Jackie" von 1964. Es sind Entdeckungen darunter, wie Seiichi Furuyas alltägliche Aufnahmen seiner Frau, die sich später das Leben nahm.

So vielschichtig aber die Auswahl der Werke ist, mit der Zeit stellt sich beim Rezipienten eine gewisse Trauertaubheit ein. Die Ausstellungskapitel heißen "Melancholie und Trauer", "Trauer und Geschlecht", "Kollektive Trauer", "Trauer und Protest", "Formen des Abschieds" oder "Die Unfähigkeit zu trauern". Jedes Werk wird mit diesem starken Gefühl markiert.

Assoziative Kraft der Kunst

Kölles frühere Themenausstellungen widmeten sich dem "Scheitern" und dem "Warten". Trauer ist vielleicht noch stärker besetzt.Wenn man inmitten einer fröhlichen Museumsschau plötzlich Félix González-Torres' bekanntes Rechteck aus Bonbons sieht, dann berührt einen diese Arbeit mit ihrer Beiläufigkeit. Hier nicht. Das könnte daran liegen, dass das Traurige immer eine persönliche Sache ist, sie soll einem zulaufen oder -fliegen.

Man ist dann überrascht und staunt über die assoziative Kraft der Kunst. Wenn man, wie in "Trauer", aber immer schon weiß, dass man auch im nächsten Saal wieder eine Facette der Schmerzbewältigung gezeigt bekommt, dann fehlt dieser Effekt. Und dann ist man plötzlich nicht mehr traurig, eher ein bisschen müde. Aber Müdigkeit ist ja, wenn man’s bedenkt, auch ein unterschätztes Gefühl.