Yoko Ono wird 85

Viel mehr als Lennons Witwe

Foto: dpa
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Die Menschenrechtsaktivistin, Filmemacherin und Künstlerin Yoko Ono 2016 bei der Eröffnung ihrer Ausstellung "Land of Hope" in Mexiko-Stadt.

Viele Menschen kennen Yoko Ono nur in Zusammenhang mit Beatles-Sänger John Lennon – dabei war und ist sie immer auch eine erfolgreiche Künstlerin

Erst kürzlich zeigte sie sich beim "Women's March" in New York mit "Imagine Peace"-Schild wieder auf Mission. "Wir Frauen müssen das machen", sagte sie dem "New Yorker", "für uns, aber auch für die Welt."

Yoko Ono ist und bleibt eine willensstarke Avantgarde-Künstlerin, "historisch bedeutend, bahnbrechend und einflussreich", wie der Leiter des New Yorker Museums MoMA PS1, Klaus Biesenbach, es formuliert. Seit dem Tod John Lennons 1980 verteidigt Ono seinen Nachlass, macht weiter Kunst und stöhnt auch im gehobenen Alter bei Konzerten animalische Laute ins Mikrofon. "John ist immer mit dabei", sagte Ono einmal der Deutschen Presse-Agentur. "Wir hatten ein besonderes Verhältnis, eine Art Absprache, nach der wir zusammengearbeitet haben. Und ich habe das Gefühl, auch heute arbeiten wir noch zusammen."

Onos Kunst ist rund um die Welt zu sehen - für 2018 sind Ausstellungen mit ihren Werken unter anderem in Kanada, Island, den USA, Südafrika und Aachen angekündigt. Ono steckt voller Energie, trotz der Meldungen über Krankenhausaufenthalte und nachlassende Gesundheit.

Schon vor Lennon war Ono als Konzeptkünstlerin der Fluxus-Bewegung bekannt, hatte zweimal geheiratet und war Mutter einer Tochter. 1933 in Tokio in eine reiche Familie hinein geboren, musste sie sich gegen die traditionellen Vorstellungen ihrer Eltern wehren. 1971 entführt ihr zweiter Mann die minderjährige Tochter Kyoko. "Es war, als ob jemand einen Teil meines Körpers weggerissen hätte." Mutter und Tochter sehen sich erst über zwei Dekaden später wieder. Inzwischen ist Kyoko selbst Mutter.

Ende der 60er-Jahre kam es in einer Londoner Galerie zu der Begegnung, die Onos Leben und ihr Bild in der Öffentlichkeit für immer verändern sollte: John Lennon steht vor ihr und die Künstlerin verdreht dem Beatles-Sänger so mächtig den Pilzkopf, dass er und seine "Muse" oder "Göttin der Liebe" wie er sie nennt, fortan unzertrennlich sind. Das Paar heiratet 1969. Die Welt darf am Liebesglück und den pazifistischen Happenings teilhaben: Die Flitterwochen verbringen sie beim "Bed-In" im Hotelzimmer vor Journalisten - als Statement gegen Krieg. "Make love, not war!" wird Botschaft und Hymne der beiden. "In gewisser Weise ruinierten John und ich mit unserer Beziehung unsere Karrieren", sagt Ono heute.

Yoko Ono und John Lennon 1972 in New York.

 

1970 verlässt Lennon die Beatles und viele Fans geben Ono die Schuld, nennen sie "Drachenfrau" oder "böse Hexe im Beatles-Märchen". Sowohl Ono als auch die Band haben das immer anders gesehen. "Sie hat die Gruppe mit Sicherheit nicht auseinanderbrechen lassen, die Gruppe ist selbst auseinandergebrochen", sagte Beatles-Kollege Paul McCartney einmal. Tatsächlich habe sie Lennon gut getan, ihn inspiriert.

Mit Ono wird der Musiker zum Hippie. Lennon singt mit Rauschebart und wallenden Gewändern Friedenslieder, Ono krächzt und schreit im Hintergrund. Ono und Lennon trennen sich und kommen wieder zusammen. Erst Sean, der gemeinsame Sohn, der 1975 geboren wird, sorgt für Beständigkeit. Lennon wird zum Hausmann.

Dann bricht am 8. Dezember 1980 für viele eine Welt zusammen. Vor dem pompösen New Yorker "Dakota"-Gebäude, in dem die Lennon-Witwe bis heute lebt, erschießt Mark Chapman den Musiker. Nur Stunden zuvor hatte Fotografin Annie Leibovitz das Paar noch gemeinsam nackt auf dem Bett fotografiert. "Johns Tod war das Schlimmste", sagte Ono. Sie stößt auf Unverständnis, als sie auf der Platte "Season of Glass" ein Foto der blutigen Brille Lennons veröffentlicht. Nun wird sie zur "Schwarzen Witwe".

"In den letzten fünfzig, sechzig Jahren wurde ich beschimpft, wurden Lügen über mich verbreitet und Hassbriefe an mich geschickt", sagte Ono einmal. Den Hass habe sie "in positive Energie umgepolt". "So viel Energie war das, dass ich jetzt genug für zweihundert Jahre habe."