Sachsen-Anhalt

Virtuelle Karte gibt Überblick über Stand der Provenienzforschung

Museen können Herkünfte und Erwerbsumstände ihrer Sammlungen klären. Dafür ist viel Forschungsarbeit vonnöten. In Sachsen-Anhalt hilft eine Koordinierungsstelle. Die stellt jetzt aktuelle Arbeitsergebnisse online

Eine virtuelle Karte gibt einen Überblick über die bisherigen Forschungsarbeiten zu Herkünften und Erwerbsumständen von Objekten in 40 Museen. Die neue Karte soll am Mittwoch am internationalen Tag der Provenienzforschung auf der Internetseite des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt freigeschaltet werden, teilte der Verband in Bernburg mit. "Museen und Archive sind seit mehr als zehn Jahren verstärkt in der Provenienzforschung aktiv", sagte Kunsthistorikerin Annette Müller-Spreitz der Deutschen Presse-Agentur. Es seien zunächst knapp ein Sechstel der 238 Mitgliedsmuseen des Verbandes in der Karte erfasst - ein stetiges Wachstum des Angebots sei fest eingeplant, sagte sie.  

Provenienzforschung klärt, wem Kulturgüter zu welcher Zeit gehört und unter welchen Bedingungen sie ihren Eigentümer gewechselt haben. Müller-Spreitz koordiniert und begleitet seit Juni 2019 die Arbeiten in den Häusern des Verbandes zwischen Arendsee und Zeitz. "Auf die Vorbereitung und die Erstkontrollen folgen bei speziellen Konvoluten oder Verdachtsfällen vertiefende Studien", sagte Müller-Spreitz. Diese beziehen sich - wie auch die Einteilung der virtuellen Karte - auf drei Gebiete: NS-Raubgut, Kolonialer Kontext und Bezüge zur Sowjetischen Besatzungszone und DDR-Unrecht.

Müller-Spreitz rechnet damit, dass die von ihr initiierte Karte wachsen wird, weil sich viele Museen in der Provenienzforschung engagieren. "Es geht einerseits um Rechtssicherheit und andererseits um Objektbiografien. Das eine ist also das Ziel, das andere sind die spannenden Sammlungsgeschichten und der Wissenszuwachs dahinter." Die Karte zeige, was die Museen während der Erstkontrollen über ihre Bestände gelernt, welche Objekte sie genauer untersucht und was sie herausgefunden haben. "Sie richtet sich nicht nur an Fachleute, sondern auch an interessierte Laien", sagte Müller-Spreitz. "Es gibt viele Heimatforscherinnen und Heimatforscher. Wir freuen uns über Mithilfe und Partizipation." 

Das größte Gebiet der Provenienzforschung bleibe jenes, welches sich mit enteigneten oder geraubten Kulturgütern während der Herrschaft der Nationalsozialisten beschäftige. "Koloniale Kontexte sind in Sachsen-Anhalt kaum vorhanden", sagte Müller-Spreitz. Doch es gebe auch da Untersuchungen, etwa vom Museum Burg Querfurt, das die Sammlung des Afrikaforschers Hans Schomburgk (1880-1967) und deren koloniale Erwerbsumstände unter die Lupe nehme. 

Auch im Städtischen Museum in Aschersleben habe es erst Forschungs- und dann Restitutionsbedarf gegeben. Am Mittwoch will das Museum 17 Objekte an die örtliche Freimaurerloge "Zu den drei Kleeblättern" zurückgeben. Hintergrund sei das Verbot und die Liquidation der Loge im Jahr 1935 durch die Nationalsozialisten. "Das Museum nutzt seit 1955 das ehemalige Logenhaus und beherbergt 109 Freimaurerobjekte", sagte Müller-Spreitz. Mit Unterstützung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste habe das Museum im Vorjahr ein sechsmonatiges Forschungsprojekt umgesetzt, an dessen Ende nun die Restitution der Objekte an die 1992 reaktivierte Loge stehe.