Walter Pfeiffers Fotoband "Chez Walti"

Bilder von Schönheit und Glück

Mit einfachen Mitteln entwirft Walter Pfeiffer lustige, kluge Porträts und Landschaftsaufnahmen. Jetzt erscheint ein Bildband mit dem Werk des Schweizer Fotografen aus den vergangenen Jahrzehnten

Angesichts der vielen schönen Jungs, zum Beispiel dem in der weißen Unterhose, der mit dem Strohbesen den Boden fegt, weiß man sofort, wo Walter Pfeiffers Interesse liegt. Und betrachtet man dann die letzte Aufnahme in "Chez Walti. 2000–2022", dem 420 Seiten starken Prachtband des Fotografen, das Seestück – eine der hinreißenden Landschaftsaufnahmen des Bildbands –, dann weiß man, wo sich seine Kunst findet. 

Wie einfallsreich, überraschend und ganz unkompliziert bei Walter Pfeiffer Interesse und Kunst übereinkommen, zeigt gerade dieser Seeblick mit dem blauen Eisengeländer im Vordergrund, über dem eine weiße Unterhose hängt. Ohne dieses Stück weißer Stoff fehlte dem Bild das Licht und der sonnige Tag, an dem es entstanden ist. 

Walter Pfeiffers fotografisches Werk entstand lange Zeit im privaten Umfeld und kursierte in der Halböffentlichkeit schwuler Zines. Den Weg in den Kunstraum bahnte 2001 die Publikation der Edition Patrick Frey "Welcome Abroad" mit Fotografien aus den Jahren 1980 bis 2000. Plötzlich zündete seine Fotografie, die schon 1974 in der längst legendären Ausstellung "Transformer. Aspekte der Travestie" des Kunstmuseums Luzern kurz Aufmerksamkeit erregt hatte. 

Mit Beginn des 21. Jahrhunderts war der Autodidakt endlich gefragt, der im Zürcher Discount-Kaufhaus EPA eine Lehre als Dekorateur durchlaufen hatte, bevor er die Kunstgewerbeschule besuchte, um dann als Grafiker zu arbeiten. Ab 1970 unterrichtete er auch an der F+F Schule für Kunst und Design in Zürich den gestalterischen Vorkurs und im Studiengang Kunst beziehungsweise Fotografie. 

Der Schublade entkommen 

Walter Pfeiffer war 57 Jahre alt als er 2003 zum ersten Mal mit einem professionellen Model arbeitete. Der Auftrag kam vom deutschen Modemagazin "Achtung". Schnell folgten "i-D" in London, die französische "Vogue" und "Vogue Homme" und all die anderen internationalen Hochglanzmagazine. 

Und mit der Mode kamen auch die Frauen. Der ebenfalls bei Patrick Frey erschienene Bildband "Cherchez la femme" brachte 2007 dann den endgültigen Durchbruch. Ohne diese Veröffentlichung, so sagt es Walter Pfeiffer selbst im Interview am Ende von "Chez Walti", wäre er der Schublade des männerfetischistischen Fotografen nicht entkommen, das Buch hat den Blick auf sein Werk erweitert. 

Natürlich dominieren die Jungs sein Werk. Aber es ist auch ein Vergnügen diese zauberhaft sinnlichen Knaben zu betrachten, die er da auftreibt. Zu schauen, wie er sie mit ihren noch ganz weichen, runden Gesichtern, ihren Schmollmündern und vollen Locken in Szene setzt, eigentlich ganz puristisch, aber immer mit einem ironischen Schlenker. Mal ist da ein bisschen beefcake dabei, mal ein wenig Antike und Herbert List. 

Gespür für Farbe und Stofflichkeit

Es gibt non-binäre Scherze wie den Jungen, der in der roten Damenstrumpfhose auf einem Tisch Gymnastikübungen macht. Und weil Walter Pfeiffer sehr darauf achtet, seinen Bildern jede tiefere Bedeutung auszutreiben, bleiben sie über die Jahrzehnte auch gleich schön und erfrischend aktuell. 

Die Leichtigkeit seiner Aufnahmen liegt auch in seinem unglaublichen Gespür für Farbe und Stofflichkeit. Etwa für den zugleich komischen wie berührenden Zauber, der in der Abfolge von weichen grünen Rasenstreifen und harten grauen Steinplatten liegt, eine Abfolge, die der Fotograf als geglücktes Bild der urbanen Moderne präsentiert. Die berühmte Paarung von nackter Haut und Pelz ist bei ihm die Rückenansicht eines nackten Jünglings, der über einer blauen Kommode liegt, während eine Katze mit dichtem Fell stolz auf seinem Rücken thront.

Walter Pfeiffer weiß wie er Menschen mit einem Stoff, mit einer Frucht oder einer Blume zusammenbringt, oder die schneebedeckten Berggipfel der Alpen mit bunten Tüchern an der Wäscheleine, die im Wind flattern und den Blick auf weidende Kühe freigeben. Seine Einfälle sind bestechend. Und sie geben den Grafiker zu erkennen, der ohne großen visuellen Aufwand weiß, wie er optisch wirkungsvoll arbeitet. Mit letztlich einfachen Mitteln entwirft er lustige und kluge Bilder von Schönheit und Glück.