Tipps und Termine

Wohin am Wochenende

Die Kunst der Woche in Aachen, Antwerpen, Apolda, Basel, Berlin, Duisburg, Düsseldorf, Halle, Köln, Paris und Potsdam

Kerstin Brätsch in Aachen

Während sich die Corona-Pandemie im Lauf des Jahres 2020 ausbreitete, überführte Kerstin Brätsch ihre oftmals kollaborative und raumgreifende Arbeitsweise in einen nach innen gerichteten Prozess des täglichen Zeichnens. Nun präsentiert das Ludwig Forum Aachen alle 100 "Para Psychics"-Zeichnungen der in Berlin und New York lebenden Künstlerin in einer ortsspezifischen Installation. Als neue Peill-Preisträgerin gestaltet Brätsch zudem noch ihre Soloschau "Sein" im Leopold-Hoesch-Museum in Düren ab 26. September.

Kerstin Brätsch "Die Sein: Para Psychics", Ludwig Forum, Aachen, bis 5. Februar 2023

Wiedereröffnung in Antwerpen

Elf Jahre lag das Königliche Museum für Schöne Künste in Antwerpen (KMSKA) im Dornröschenschlaf. Zumindest äußerlich, denn im Inneren wurde umfassend renoviert, restauriert und umgestaltet. Nun hat das renommierte flämische Haus wieder für Publikum geöffnet, mit 40 Prozent mehr Ausstellungsfläche und einer neuen, luftigeren Innenarchitektur für die Exponate aus sieben Jahrhunderten. Das KMSKA ist für seine barocken Meisterwerke bekannt, beispielsweise von Peter Paul Rubens. Aber auch die belgische Moderne ist mit dem Surrealisten René Magritte prominent vertreten. Außerdem beherbergt das Museum die weltgrößte Sammlung von Werken des Malers James Ensor.

Königliches Museum für Schöne Künste, Antwerpen

Sammlung Scharf-Gerstenberg in Apolda

Das Kunsthaus Apolda präsentiert ab Samstag eine umfassende Schau zum Einfluss des japanischen Holzschnitts auf die französische Avantgarde. Die Ausstellung zeigt hochkarätige Exponate aus dem Besitz der Familie Scharf-Gerstenberg, einer der bedeutendsten Privatsammlungen Deutschlands. Es werden Werke der französischen Avantgarde des 19. und frühen 20. Jahrhunderts gezeigt, darunter Arbeiten von Paul Cézanne, Edgar Degas, Henri Matisse und Henri de Toulouse-Lautrec, die Holzschnitten alter japanischer Meister gegenübergestellt werden. Japanische Motive und Farbwahl sowie Komposition haben die Künstler in ihrem künstlerischen Schaffen grundlegend beeinflusst.

Nach der wirtschaftlichen Öffnung des Inselstaats im Jahr 1854 kamen erstmals japanische Antiquitäten, Kunstgegenstände und handwerkliche Erzeugnisse nach Europa. Auf der Pariser Weltausstellung von 1867 war das Land mit einem Stand vertreten und vermittelte einen Einblick in die japanische Kultur, die anschließend in Europa zur Mode avancierte. Die japanischen Farbholzschnitte lösten zu der Zeit eine Welle der Begeisterung aus.

In der Schau werden Werke von mehr als 20 Künstlern gezeigt, darunter neben den Arbeiten der oben genannten westlichen Künstler auch welche japanischer Meister wie Suzuki Harunobu, Utagawa Hiroshige und Uoya Hokkei. (dpa/monopol)

"Der Einfluss des japanischen Holzschnittes auf die französische Avantgarde", Kunsthaus Apolda, bis 18. Dezember

Fun Feminism in Basel

Das Kunstmuseum Basel ist keine Ausnahme: In traditionsreichen Häusern ist die weibliche Perspektive in der Kunst unterrepräsentiert. Das soll nun erstens im Rahmen von Ausstellungen thematisiert und zweitens geändert werden. Bei einer kritischen Bestandsaufnahme fiel den Kuratorinnen auf, dass den bereits in der Sammlung vertretenen Künstlerinnen Pipilotti Rist, Guerrilla Girls, Rosemarie Trockel oder Martha Rosler ein gewisser Humor zu eigen ist. Der hält nun die Ausstellung "Fun Feminism" zusammen.

Aber ist es wirklich ein gemeinsames, befreiendes Lachen, das feministischen Aktivismus für alle leichter zu verkraften macht? Oder ist es die Qualität von Kunst, mit der sich die Dringlichkeit feministischer Themen einschleusen lässt in das breite Bewusstsein? Viel interessanter als die Frage, welcher Feminismus der richtige ist, der radikale, der spaßbereite oder die superaufgeklärte "dritte Welle", bleibt natürlich die Frage nach der Notwendigkeit, Künstlerinnen immer noch in diesen Kategorien zu zeigen. Denn was für die einen wie eine ganz neue Entwicklung aussehen mag, kann für die anderen schon wieder historisierend wirken: ein Ausflug in jene zurückliegende Zeit, als Künstlerinnen noch beinahe ausschließlich damit beschäftigt waren, sich mit ihrer Rolle als Frau auseinanderzusetzen, wenn auch mit künstlerischen Mitteln. Denn inzwischen, nach einer fast ausschließlich weiblichen Venedig-Biennale, könnte man sich auch in einer Gegenwart wähnen, in der Künstlerinnen nicht mehr darüber nachdenken müssen, Frauen zu sein, sondern sich einfach ihren Themen und Materialien widmen können.

Dennoch ist die Initiative in Basel sicher wichtig und ein sinnvoller Beitrag. Dauerhaft relevant wird es aber erst, wenn die Ankaufspolitik für die Sammlung dem Auftrag folgt. Denn nur dann wird aus dem thematischen Schlaglicht ein ernstes Programm.

"Fun Feminism", Kunstmuseum Basel, 24. September bis 19. März 2023

"Other MInds" in Berlin

In der Archenhold-Sternwarte am Treptower Park in Berlin hat schon Albert Einstein Vorträge über seine Relativitätstheorie gehalten. Noch heute beherbergt der Bau den "Großen Refraktor", das längste bewegliche Fernrohr der Welt. Mit der Screen City Biennial zieht dort nun die zeitgenössische Kunst ein. Und auch dabei geht es um einen speziellen Blick aufs Universum. Unter dem Titel "Other Minds" gehen die teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler der Frage nach, wie sich das menschliche Bewusstsein mit anderen Daseinsformen verbinden kann; seien es Mikroorganismen, Pflanzen oder künstliche Intelligenz. In der Ausstellung untersucht Grace Ndiritu beispielsweise Zustände der Ekstase und Gemeinsamkeiten mit der Flora um uns herum. Schließlich werden auch die menschlichen Handlungen und Gefühle von den Mikroorganismen in unseren Körpern mitbestimmt. Patricia Domínguez lehrt, uns Pflanzen zu lauschen. Jenna Sutela beschäftigt sich mit den Bakterien, die in Muttermilch vorkommen, und Anna Ehrenstein und Damara Inglês lassen die traditionelle Technik des Kaffeesatzlesens aufleben. Neben der Archenhold-Sternwarte findet die Screen City Biennial diesmal auch in der Schering Stiftung und der Akademie der Künste am Pariser Platz statt. Außerdem gibt es Kunst am Karpfenteich im Treptower Park zu sehen.

"Other MInds", Archenhold-Sternwarte, Berlin, bis 20. Oktober

"Aber Kunst ist es doch" in Berlin

Das Berliner Käthe-Kollwitz-Museum steht vor dem ersten großen Schritt für den neuen Standort im Theaterbau des Schloss Charlottenburg im gleichnamigen Stadtteil. Von diesem Samstag an sind wieder rund 100 Arbeiten der Grafikerin, Malerin und Bildhauerin Kollwitz (1867-1945) zunächst im Erdgeschoss des Gebäudes zu sehen. Darunter sind etwa die Zeichnungen des Weber-Zyklus' (1893-1897), die Vorlage für das 1924 geschaffene "Nie wieder Krieg"-Plakat oder die vielleicht bekannteste Plastik "Pietà" (1938/39), die in einer vergrößerten Variante in der Gedenkstätte Neue Wache steht.

Zahlreiche Arbeiten von Kollwitz stehen als Anklagen gegen soziale Missstände ihrer Zeit und Mahnungen gegen Krieg und Gewalt. Kollwitz verstand sich zunächst als Künstlerin, wollte aber mit ihren Grafiken auch eine breite Wirkung erzielen. Nach einem zweiten Bauabschnitt soll das Museum 2024 in die erste Etage des Theaterbaus umziehen, dann mit zusätzlichen Ausstellungsflächen. (dpa/monopol)

Käthe Kollwitz "Aber Kunst ist es doch", Käthe-Kollwitz-Museum, Berlin

Antony Gormley in Duisburg

Das Duisburger Lehmbruck Museum zeigt die bislang größte Ausstellung des bekannten britischen Bildhauers Antony Gormley in Deutschland. Der 72-jährige Gormley zählt zu den großen Bewunderern des in Duisburg geborenen Bildhauers Wilhelm Lehmbruck (1881-1919). Werke der Künstler, zwischen denen fast hundert Jahre zeitlicher Abstand liegt, werden im gesamten Museum auf über 3000 Quadratmeter in Dialog miteinander trete. (dpa)

Antony Gormley "Calling on the body", Lehmbruck Museum, Duisburg, bis 26. Februar 2023

Evelyn Richter in Düsseldorf

Im Westen sind die Werke von Fotografinnen und Fotografen aus der DDR generell leider immer noch zu wenig bekannt. Als erstes Museum in Westdeutschland zeigt nun der Düsseldorfer Kunstpalast eine Retrospektive des über 50-jährigen Schaffens der 1930 in Bautzen geborenen Fotografin Evelyn Richter. Zu sehen sind Porträts und Bilder aus dem Alltag der DDR und der Sowjetunion. Die Schau umfasst rund 300 Exponate. Dazu zählen neben etwa 150 Fotografien Richters von den 1950er-Jahren bis zur Wiedervereinigung auch Schallplattencover, Fotobücher und Archivmaterial.

Die im vergangenen Jahr im Alter von 91 Jahren verstorbene Richter galt als Chronistin der Lebens- und Arbeitswelten in der DDR. Sie porträtierte vorwiegend in schwarz-weiß Menschen in Alltagssituationen – bei der Arbeit, in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf der Straße. Von 1948 bis 1951 machte Evelyn Richter eine Fotografenausbildung und arbeitete danach stets freiberuflich. Lange Zeit ihres Lebens lebte und wirkte sie in Leipzig. Ihre Werke konnte sie weder veröffentlichen noch verkaufen und arbeitete "für die Kiste", wie sie selbst sagte. Ein großer Teil ihrer Arbeiten wird im 2009 gegründeten "Evelyn Richter Archiv" im Museum der bildenden Künste in Leipzig aufbewahrt.

Das Dresdner Albertinum hatte der ostdeutschen Künstlerin bereits 2020 eine kleine Retrospektive gewidmet. Mit der Schau in Düsseldorf folgt nun die Stadt, die Richter 2020 mit dem erstmals verliehenen Bernd-und-Hilla-Becher-Preis für ihr Lebenswerk auszeichnete. (dpa/monopol)

Evelyn Richter "Evelyn Richter", Kunstpalast, Düsseldorf, bis 8. Januar 2023

Stipendiaten in Halle

Film, Fotografie, Grafik, Literatur, Malerei oder Objektkunst: 22 Künstlerinnen und Künstler verschiedener Genres präsentieren in einer Ausstellung der Kunststiftung Sachsen-Anhalt mit dem Titel "Durch die Tage, durch die Nächte" ihre aus Arbeitsstipendien stammenden Werke. Es geht um Krisen und die Chance, in der Kunst ein Gegengewicht und neue Perspektiven zu finden: Die Arbeiten befassen sich mit persönlichen und gesellschaftlichen Ereignissen, etwa Krieg, Flucht, Umweltzerstörung oder psychischen und physischen Einschränkungen. (dpa/monopol)

"Durch die Tage, durch die Nächte", Neuwerk 11, Halle, bis 30. Oktober

Hanns Zischler in Köln

Unter dem Titel "Bann und Befreiung – Über Lesen und Schreiben" hat der Schauspieler Hanns Zischler (75) im Kölner Wallraf-Richartz-Museum seine eigene Kunstschau zusammengestellt. Aufgrund seines großen Interesses an der bildenden Kunst hatte ihn das Museum dazu eingeladen, selbst eine Ausstellung zu kuratieren. Der in Berlin lebende Zischler hat dafür 40 Grafiken aus der grafischen Sammlung des Museums ausgewählt. Der rote Faden dabei ist das Thema Lesen und Schreiben in vorelektronischen Zeiten.

Gezeigt werden Werke von unter anderem Max Beckman, Adolph Menzel, Rembrandt und Henri de Toulouse-Lautrec. "Bei der Betrachtung der Zeichnungen und Grafiken habe ich mich von Gedanken, Notizen, Briefen und verstreuten Lesefrüchten aus dem großen gemischten Chor der Literatur leiten lassen, in der Hoffnung, dem Geheimnis des Lesens und Schreibens etwas näherzukommen",  sagte Zischler dazu. (dpa/monopol)

Hanns Zischler "Bann und Befreiung – Über Lesen und Schreiben", Wallraf-Richartz-Museum, Köln, bis 15. Januar 2023

Kunsthaus Minsk in Potsdam

Nach zwei Jahren Umbauzeit eröffnet die Stiftung des Kunstmäzens und Unternehmers Hasso Platttner an diesem Wochenende das neue Kunsthaus Das Mink in Potsdam. Der Ort ist durchaus geschichtsträchtig, denn das einstige Terrassenrestaurant Minsk war in der DDR ein beliebtes Ausflugziel, verfiel nach der Wende aber zunehmend. Jetzt soll das Kunsthaus dort auch wieder ein Ort der Begegnung werden.

Werke aus der ehemaligen DDR, die Teil der Kunstsammlung Hasso Plattner sind, werden dort in neuen Kontexten gezeigt und mit Gegenwartskunst verbunden. "Wir wollen die Vielschichtigkeit und Widersprüchlichkeit von Lebenserfahrungen zeigen", sagte Direktorin Paola Malavassi. Die Besucher können Ausstellungen von Wolfgang Mattheuer mit dem Titel "Der Nachbar, der will fliegen" und "Potsdamer Schrebergärten" von Stan Douglas sehen. Dabei soll das Thema Landschaft aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet werden. (dpa)

Potsdamer Kunsthaus Minsk, Potsdam

Edvard Munch in Paris

Mehr als 100 Werke aus einer über 60-jährigen Karriere: Damit will das Pariser Musée d'Orsay zeigen, dass sich Edvard Munch (1863-1944) nicht nur auf sein berühmtes Bild "Der Schrei" reduzieren lässt. Man will mit der Schau die gesamte künstlerische Entwicklung des norwegischen Malers zeigen, denn die Komplexität seines Schaffens ist weitgehend unbekannt. DIe Ausstellung mit dem Titel "Un poème de vie, d'amour et de mort" (Ein Gedicht über Leben, Liebe und Tod) ist in Zusammenarbeit mit dem Munch-Museum in Oslo entstanden und verzichtet auf eine chronologische Präsentation. Stattdessen stellt sie Munchs immer wiederkehrende Motive in den Vordergrund: Einsamkeit, Liebe, Verschwinden und Tod. Themen, die mit den unterschiedlichen existenziellen Krisen einhergehen, die der Maler und Grafiker durchlitten hat. Ängste, die in den gewundenen Linien seiner Kompositionen  unter anderem Gemälde, Radierungen, Lithographien und Holzschnitte ebenso zu erahnen sind wie in seinen unruhigen und kräftigen Farben.

Zu den Hauptwerken, die in Paris zu sehen sind, gehören "Vampire", "Melancholie", "Metabolismus. Leben und Tod" sowie "Abend auf der Karl Johans gate". Das Original von Munchs ikonischem "Schrei" ist in Paris zwar nicht zu sehen, dafür aber seine erste Ausführung als Druckversion, eine Lithographie aus dem Jahr 1895. (dpa/monopol)

Edvard Munch "Un poème de vie, d'amour et de mort", Orsay-Museum, Paris, bis 22. Januar 2023