Das Alte Ägypten und die Gegenwart in Berlin
Welche Geschichten erzählen uns die alten Texte? In der Serie "Black Land" befragen verschiedene Künstlerinnen und Künstler in Performances und Installationen die Zeugnisse des Alten Ägypten. So wollen sie die Inhalte für unsere Gegenwart fruchtbar machen. Diesen Freitag finden um 16, 18 und 20 Uhr unter dem Titel "Black Land: Performing Memory" zum ersten Mal vor Puplikum die zirkuläre Performances und Sound-Installationen in der Betonhalle des Silent Green Kulturquartiers statt. Die dort präsentierten Arbeiten wurden eigens für diesen Ort entwickelt. Beteiligt sind unter Anderen Attila Csihar, Charles Hedger, Anabelle Iratni, Yara Mekawei, Roman Lemberg, Vera Maria Kremers, Lea Draeger, Kenda Hmeidan.
"Black Land: Performing Memory", Betonhalle, Silent Green Kulturquatier, Berlin, 28. Oktober, 16, 18 und 20 Uhr
Alles malen in Berlin
Alles malen! So lautet der Appell einer Gruppenschau in der Berlinischen Galerie, die zugleich eine Liebeserklärung an die derzeit entstehende Malkunst aus Berlin sein soll. Mit Tamina Amadyar, Tatjana Doll, Philip Grözinger, Eberhard Havekost, Olaf Holzapfel, Zora Mann, Gerold Miller, Peter Stauss, Christine Streuli und Thomas Zipp werden zehn herausragende Kunstschaffende vorgestellt, die ihr Atelier in der Hauptstadt haben oder hatten. Berlinspezifische Themen wird man aber vergeblich suchen. Und auch der Streit zwischen den Abstrakten und den Figurativen ist unübersehbar passé. Anything goes in Berlin.
"Paint it all!", Berlinische Galerie, bis 6. Februar 2023
Anna Boghiguian in Bregenz
Seit über einem Jahrzehnt schafft Anna Boghiguian große Environments, die oft an Bühnenbilder erinnern. Die 1946 in Kairo geborene Künstlerin mit armenischen Wurzeln verknüpft in ihrer großen Schau im Kunsthaus Bregenz Vergangenheit und Gegenwart. Über drei Stockwerke reicht die Präsentation, die sich mit revolutionären Umwälzungen seit dem 18. Jahrhundert beschäftigt – in Frankreich, den USA oder Ägypten. Zu sehen sind Protestierende auf Segelstoff, gemalte Menschenfiguren als lebensgroße Aufsteller und über 100 Boghiguian-Zeichnungen, die in ihrer Ausdruckskraft an Honoré Daumier oder James Ensor erinnern.
Anna Boghiguian "Period of Change", Kunsthaus Bregenz, Bregenz, bis 22. Januar 2023
Mondrian in Düsseldorf
Zum 150. Geburtstag von Piet Mondrian (1872–1944) zeigt die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen den niederländischen Maler von einer wenig bekannten Seite. Ab Samstag präsentiert die Landesgalerie in Düsseldorf in der Ausstellung "Mondrian. Evolution" anhand von 90 Werken den bemerkenswerten Weg Mondrians vom frühen naturalistischen Gemäldemaler bis zu seinen späten Meisterwerken der Abstraktion.
Mondrian ist vor allem für seine strengen geometrischen Kompositionen aus rechtwinkligen schwarzen Linien, weißen Flächen und den Grundfarben Blau, Rot und Gelb bekannt. In seiner Frühphase aber war er ein Landschaftsmaler und etwa von Vincent van Gogh beeinflusst. So inszenierte Mondrian Mühlen, Leuchttürme oder Bauernhöfe oft in überraschender Farbigkeit.
1911 begegnete Mondrian in Paris dem Kubismus von Georges Braque und Pablo Picasso. Diese revolutionären Bilder machten immensen Eindruck auf den seinerzeit fast 40-Jährigen, und er reduzierte in der Folge seine Farbpalette radikal. Immer weiter entfernte Mondrian sich von gegenständlichen Motiven und entwickelte eine künstlerische Sprache aus Flächen und strengen Linien, die nach Angaben der Ausstellungsmacher wie "stenografische Kürzel der Realität" wirken. (dpa)
"Mondrian. Evolution", Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, bis 12. Februar 2023
Kunst aus Spanien in Frankfurt am Main
Der Überlebenstrick der Scheherazade bestand darin, ihre Geschichten nie am selben Abend zu Ende zu erzählen. Im Ausstellungstitel "Wie geht es jetzt weiter?" schwingt aber auch eine gewisse Ratlosigkeit in unserer Krisenzeit mit. Die Gruppenschau im Frankfurter Kunstverein präsentiert Kunst aus Spanien in zwölf Geschichten, darunter Filme, Zeichnungen und Installationen. Kunstschaffende wie María Alcaide, Regina de Miguel, El Palomar, Andrea Muniáin sowie das Paar Álvaro Urbano und Petrit Halilaj hinterfragen Grenzen kultureller und sozialer Konstruktionen.
"Wie geht es jetzt weiter?", Frankfurter Kunstverein, Frankfurt/ Main, bis 29. Januar 2023
Sharjah Art Foundation in Hamburg
Unter dem Titel "In the Heart of Another Country" präsentieren die Hamburger Deichtorhallen fast 150 Kunstwerke aus der Sammlung der Sharjah Art Foundation (Vereinigte Arabische Emirate). Viele Werke der 61 internationalen Künstlerinnen und Künstler wurden bisher selten oder nie außerhalb ihres ursprünglichen Zusammenhangs gezeigt, teilten die Deichtorhallen mit. Mit der Schau, die bis zum 12. März zu sehen ist, wolle das Ausstellungshaus einen anderen Blick auf die Kunstgeschichte werfen - weg vom eurozentristischen Blick.
"Die Schau erkundet den Heimatbegriff als Gefühl der Sehnsucht, Zugehörigkeit und Entwurzelung – vergleichbar einer Reise durch verschiedene unterrepräsentierte Orte, Geschichten und Geografien innerhalb des Kanons der Kunstgeschichte", hieß es. Kuratiert wird die Schau von Omar Kholeif, Direktor der Sharjah Art Foundation Collection.
Auf ihren Migrationsrouten durchquerten die in der Ausstellung präsentierten Künstlerinnen und Künstler Süd- und Westasien, Afrika und die Karibik. Die meisten von ihnen leben heute über die ganze Welt verstreut und weit von den Orten entfernt, an denen sie geboren wurden. Die Exponate reichen von frisch restaurierten Installationen bis zu aktuellen Neuerwerbungen, die verbunden sind durch ein gemeinsames Narrativ der Zugehörigkeit. (dpa)
Sharjah Art Foundation "In the Heart of Another Country", Deichtorhallen, Hamburg, bis 12. März 2023
"Faszination Papier" in Hamm
Seit Jahrhunderten ist Papier in der Kunst unverzichtbar, als Träger für Zeichnungen, Druckgrafiken oder Malerei. Wenn das feinfaserige Material aus der Flächigkeit in eine dreidimensionale Form gebracht wird, kann es erstaunliche Präsenz erlangen. Eine Ausstellung im Gustav-Lübcke-Museum in Hamm zeigt, wie wandelbar Kunst aus Papier ist. Die Collagen, Faltstücke oder Papp-Schnitzereien stammen von Künstlerinnen und Künstlern wie Lore Bert, Nathalie Boutté, Marianne Lammersen, Fiene Scharp, Annette Schröter, Simon Schubert, Martin Spengler, Ewa Stawiarska-Zygalska, Jessica Toliver, Michael Velliquette und rund 20 anderen.
"Faszination Papier" Gustav-Lübecke-Museum, Hamm, bis 15. Januar 2023
#MeToo in der Kunstgeschichte in Köln
Jahrhundertealte künstlerische Auseinandersetzungen mit sexualisierter Gewalt zeigt das Kölner Wallraf-Richartz-Museum in einer neuen Ausstellung. Die öffentliche Debatte zu Machtmissbrauch, sexueller Nötigung und Gewalt sei bisher vor allem mit der Filmindustrie verbunden worden, schreiben die Ausstellungsmacherinnen. Weitgehend unbemerkt sei geblieben, dass die Thematik in der Malerei und der Grafik schon seit Jahrhunderten verhandelt werde - unter dem Bildtitel "Susanna und die Alten".
Diese Geschichte aus dem Alten Testament behandelt das Schicksal der ebenso schönen wie frommen Susanna, die von zwei mächtigen Richtern durch Erpressung sexuell gefügig gemacht werden soll. Die Ausstellung mit Leihgaben aus der National Gallery in London, den Uffizien in Florenz und dem Musée D'Orsay in Paris zeigt unter anderem Werke von Anthonis van Dyck, Rembrandt, Eugène Delacroix und Édouard Manet. (dpa)
"Susanna - Bilder einer Frau von Mittelalter bis #MeToo", Wallraf-Richartz-Museum, Köln, bis 26. Februar 2023
Francis Alÿs in Kopenhagen
Ein Paradebeispiel der vom Performativen und von Alltagsbeobachtungen geprägten Kunst des gebürtigen Belgiers Francis Alÿs ist bis Ende November noch im belgischen Pavillon der Venedig-Biennale zu erleben. Zugleich ist die mehrteilige Videoinstallation "Children’s Games" nun auch in Kopenhagen zu sehen. Der heute in Mexiko lebende Künstler filmt seit Jahren klassische Kinderspiele in aller Welt. Voller Neugier auf lokale Gegebenheiten fängt Alÿs ein, wie sich die Kleinen ihr Lebensumfeld spielerisch erschließen, egal ob in Kriegsgebieten, auf öden Schutthalden oder zwischen Hochhäusern. In Belgien werden Schneckenrennen veranstaltet, die Kids in Mosambik dirigieren mit verblüffender Stimmakrobatik Moskitoschwärme.
Francis Alÿs "Children’s Games", Copenhagen Contemporary, Kopenhagen, bis 10. April 2023
Matt Mullican in Lübeck
Seit 2019 wird alle drei Jahre der Possehl-Preis für Internationale Kunst vergeben, in diesem Jahr an Matt Mullican. Der Kalifornier gilt als wichtiger Vertreter der Pictures Generation, die in den 1970ern den Einfluss der Massenmedien für die Wahrnehmung untersuchte. Seit fünf Jahrzehnten arbeitet Mullican an einer künstlerischen Systematisierung seiner Weltsicht, die er in raumgreifenden Installationen erfasst. In Lübeck ist nun ein Querschnitt durch sein Schaffen zu sehen.
Matt Mullican "Mapping the World", Kunsthalle St. Annen, Lübeck, 30. Oktober bis 8. Januar 2023
Meret Oppenheim in New York
Mit Fell überzogenes Geschirr oder Stöckelschuhe mit Geflügelmanschetten: Die 1995 gestorbene surrealistische Künstlerin Meret Oppenheim wird vom New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) mit einer großen Ausstellung geehrt. Ab Sonntag zeigt die Schau "Meret Oppenheim: My Exhibition" mehr als 180 Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen der 1913 in Berlin geborenen und 1985 in Basel gestorbenen Schweizer Künstlerin.
Darunter sind auch mehrere Zeichnungen, auf denen Oppenheim selbst einst entwarf, wie eine Ausstellung ihrer Werke aussehen könnte - woran sich die Kuratoren am MoMA aber nur teilweise hielten. Die Schau soll bis zum 4. März 2023 in dem renommierten Museum mitten in Manhattan zu sehen sein. (dpa)
"Meret Oppenheim: My Exhibition", Museum of Modern Art, New York, 30. Oktober bis 4. März 2023
Giuseppe Penone in Paris
Giuseppe Penone ist vor allem für seine Baumskulpturen und Natur-Installationen bekannt. Mit 241 Arbeiten präsentiert das Pariser Centre Pompidou erstmals sein umfassendes zeichnerisches Werk. Seine Aquarelle, Gouachen sowie Tinten- und Bleistiftzeichnungen decken ein fünzigjähriges Schaffen ab und verdeutlichen den Arbeits- und Denkprozess des Italieners. Penone gehört zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwartskunst und Vertretern der Arte Povera, einer Bewegung, in deren Mittelpunkt Kunst aus gewöhnlichen und alltäglichen Materialien wie Holz, Stein und Erde steht. Im Jahr 2020 vermachte Penone dem Pariser Centre Pompidou die Schenkung von 328 grafischen Werken. (dpa)
Giuseppe Penone "Drawings", Centre Pompidou, bis 6. März 2023
Boris Mikhaliov in Paris
Der 1938 in Charkiw geborene und heute zwischen der Ukraine und Deutschland pendelnde Boris Mikhailov hat als bedeutender Fotograf sowohl die konzeptionelle Kunst als auch die Dokumentarfotografie beeinflusst. Die Pariser Sammlung Pinault präsentiert nun die 110-teilige Serie "At Dusk". Der Anfang der 1990er, nach dem Ende der Sowjetunion entstandene Zyklus zeigt die Industriestadt Charkiw und damit die Ukraine im Aufbruch in die Unabhängigkeit – in durchaus beunruhigenden Bildern. Sie sind in kobaltblauer Farbe getönt, laut Mikhailov in der "Farbe der Blockade, des Hungers und des Krieges".
Boris Mikhaliov "At Dusk", Bourse de Commerce - Pinault Collection, Paris, bis 16. Januar 2023
Kunstmuseen als Zoos in Wien
Lassen sich Kunstmuseen mit Zoos vergleichen? An beiden Orten wird bewahrt und ausgewählt. Zu seinem 60. Jubiläum präsentiert das Wiener Mumok die Ausstellung "Das Tier in Dir", deren Werke zu einem großen Teil aus der Museumssammlung stammen. In den Arbeiten von Valie Export, Gülsün Karamustafa, Maria Lassnig, Daniel Spoerri und vielen anderen Künstlerinnen und Künstlern geht es nicht zuletzt um die animalische Natur des Menschen, um Themen wie Sexualität, Hunger, Familienbeziehungen oder Domestizierung. Wer führt wen an der Leine? Wer gibt wem einen Namen?
"Das Tier in Dir", MUMOK, Wien, bis 26. Februar 2023
Renée Green in Zürich
Seit den späten 1980er-Jahren erweitert die US-Künstlerin Renée Green die Möglichkeiten, durch Kunst ungeschriebene Geschichten, kollektives Gedächtnis und kulturellen Austausch sichtbar zu machen. In ihren Installationen, Schriften, Filmen, digitalen Medien, Gemälden, Zeichnungen und Tonarbeiten hinterfragt die Afroamerikanerin die Macht kultureller Institutionen und deren Beziehung zu Sprache, Wissen und Identität. Greens Soloschau mit Werken aus fünf Jahrzehnten im Züricher Migros Museum stellt Fragen nach der Vermittlung komplexer Geschichten, ohne das Vergnügen an Wissen und Erkenntnis zu kurz kommen zu lassen.
Renée Green "Inevitable Distances", Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich, bis 8. Januar 2023