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10 Filme, die Sie im Dezember nicht verpassen sollten

"I Am Divine", verfügbar in der Arte Mediathek
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"I Am Divine", verfügbar in der Arte Mediathek

Das Beste aus den Mediatheken: Die Filme im Dezember gehen dahin, wo es weh tut - in den Krieg, in den Hass, auf die Bühne und in den Keller


Hans Hartung - malen so schnell wie der Blitz

Als Kind musste Hans Hartung bei Gewitter immer in den dunklen Flur, damit sich die Familie vor den Blitzen verstecken konnte. Dabei wollte Hans sie doch unbedingt sehen. Und so stand er bald am Wohnzimmerfenster und zeichnete. Wenn er es schaffte, einen Blitz zu skizzieren, bevor der Donner ertönte, war die Gefahr gebannt. Dieses blitzschnelle Zeichnen war die Basis für Hartungs Kunst. Er wollte sich die Farbe ihren Weg bahnen lassen, praktizierte ein frühes "Action Painting", geführt von den rhythmischen Bewegungen seiner Hand, nicht unterbrochen vom denkenden Kopf.

Die Dokumentation "Malen so schnell wie der Blitz" erzählt von einem bewegten Künslerleben, geprägt von Verlust, Existenzängsten und seinem Kampf in der Fremdenlegion im zweiten Weltkrieg. Körperlich schwer versehrt gelang Hans Hartung schließlich doch noch der Durchbruch - heute gilt er als Pionier der radikal abstrakten Malerei, der  Geschwindigkeit virtuos auf die Leinwand brachte. 

Hans Hartung: Malen so schnell wie der Blitz, Arte Mediathek, bis 15. Januar 2020

Hans Hartung: Malen so schnell wie der Blitz
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Hans Hartung: Malen so schnell wie der Blitz

Augenschmaus - vom Kochen und von Malen

Wie würden Gemälde schmecken, wenn sie sich in ein Gourmet-Menü verwandeln würden? Diese Idee liegt der Reihe "De l'art et du cochon" zugrunde, die sich hervorragend als kunsthistorisch wertvoller Fernseh-Snack eignet. In jeder Folge nimmt sich ein Starkoch (leider zu selten eine Starköchin) ein Gemälde vor, das in irgendeiner Form mit Essen zu tun hat. Dann bekocht er seine Gäste mit drei Kunst-inspirierten Gängen. Neben den Einblicken in die edelsten Küchen gibt es als Beilage Hintergrundwissen von Historikern, Konservatoren und Lebensmittelproduzenten.

"Augenschmaus - Frida Kahlo: Stillleben mit Früchten", Arte Mediathek, bis 6. Dezember

"Augenschmaus - Pierre Bonnard: Mittagessen unter der Lampe", Arte Mediathek, bis 6. Dezember

"Augenschmaus - Das Stundenbuch des Herzogs von Berry", Arte Mediathek, bis 7. Dezember

"Augenschmaus: Street Art", Arte Mediathek, 8. Dezember bis 21. Dezember

 Gerardo Vázquez Lugo kocht Kunst
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Gerardo Vázquez Lugo kocht Kunst


Grünes Gewölbe - die geplünderte Schatzkammer

Am 25. November wurden in Dresden historische Juwelen von unschätzbarem Wert gestohlen - und das grüne Gewölbe im Residenzschloss landete weltweit in den Schlagzeilen. Die Geschichte der sächsischen Schatzkammer und die ausufernde Bling-Bling-Sammlung kann man sich in dieser Dokumentation in Erinnerung rufen. Und versteht danach auch, warum der Einbruch die Dresdner ins Herz getroffen hat.

Im Goldrausch: Das Grüne Gewölbe in Dresden, MDR Mediathek, bis 25. Februar 2020

 Das Juwelenzimmer im Historischen Grünen Gewölbe im Dresdner Schloss der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden
Foto: dpa

Das Juwelenzimmer im Historischen Grünen Gewölbe im Dresdner Schloss der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden

 

Christian Boltanksi - der Erinnerer

"Sobald man anfängt, über etwas Vergangenes oder über Verstorbene zu schreiben, leistet man die Arbeit eines Bestatters", sagt der französische Künstler Christian Boltanksi. "Insofern sehe ich meine Aufgabe darin, zu versuchen, das Leben verstorbener Menschen zurückzuholen". Die Dokumentation "Das Wispern der Vergangenheit" von Regisseur Felix von Boehm begleitet Boltanski bei seiner Arbeit an einer Gedenk-Installation für die Zwangsarbeiter im Eisen- und Stahlwerk Völklinger Hütte im Saarland.

Der Künstler hat Erinnerungsräume für die mehr als 10.000 Menschen geschaffen, die hier gefangen gehalten wurden und von denen mindestens 250 starben. Boltanski redet auch darüber, wie die Geschichte seine Arbeit formt. Historische Bilder aus der NS-Zeit machen den Schrecken sichtbar, der in Boltanskis Werken nachhallt. Außerdem kommen auch Künstlerkollegen wie Tino Sehgal zu Wort.

Ein Gespräch zwischen Felix von Boehm und Christian Boltanksi zur Ausstellung des Künstlers in Paris lesen Sie hier.

"Christian Boltanski: Das Wispern der Vergangenheit", Arte Mediathek, bis 16. Dezember

 

Der französische Konzeptkünstler Christian Boltanski
Foto: dpa

Der französische Konzeptkünstler Christian Boltanski


Radiohead - zwischen Kunst und Kommerz

Verkopfter Schwurbelpop oder große Klangkunst - die britische Band Radiohead um Sänger Thom Yorke spaltet seit den späten 80er-Jahren die musikalischen Gemüter. Was man der Gruppe allerdings nicht vorwerfen kann, ist mangelnde Wandlungsfähigkeit, haben sie auf ihren Alben doch alles von Nerd-Rock bis Elektro-Experimenten ausprobiert.

Die neue Dokumentation "Die Welt, wie Radiohead sie sieht" beschäftigt sich außerdem mit der politischen Ebene der Band, die immer auf aktuelle Ereignisse in Großbritannien und der Welt reagiert hat. Und sie bildet das Ringen der Musiker zwischen Nische und Mainstream ab. Wie viel Erfolg ist zu viel Erfolg? Wie gelingen künstlerische Integrität und Fannähe im globalen Musikzirkus? Der Film geht damit über ein reines Band-Porträt hinaus. Das sind schließlich Fragen, die auch Nicht-Radiohead-Fans beschäftigen können.

"Die Welt, wie Radiohead sie sieht", Arte Mediathek, bis 6. Januar 2020

Die Welt, wie Radiohead sie sieht
Foto: Arte

Die Welt, wie Radiohead sie sieht


I Am Divine - Geschichte einer Verwandlung

Als Glen Milstead den Regisseur John Waters trifft, ändert sich sein Leben radikal. Waters macht den 17-jährigen Jungen zur Drag-Queen "Divine", die Anfang der 70er-Jahre mit Filmen wie "Pink Flamingos" international bekannt wird. Die Dokumentation von 2013 zeigt, wie Person und Bühnenfigur mit der Zeit immer mehr verschmelzen - und wie die flamboyante furchtlose Divine dem schüchternen gemobbten Jungen aus einer konservativen Familie Superkräfte verleiht. "Body Posivity" und fluide Geschlechterkonzepte sind keine Erfindung der Gegenwart. Es schadet nicht, sich mit Filmen wie diesem ab und zu daran zu erinnern.

Die Dokumentation zeigt neben den saftigen Anekdoten jedoch auch die dunkleren Seiten der Geschichte. Divines frühen Tod 1988 und den Druck, als Performancekünstlerin ständig ein Spektakel sein zu müssen.  

"I Am Divine", Arte Mediathek, bis 30. Januar 2020

 



Im Keller - Abtauchen mit Ulrich Seidel 

Gefühlt spielen alle Filme von Ulrich Seidl im Keller. Es gibt wohl kaum einen Regisseur, der so genüsslich mit der Kamera in menschliche Abgründe blickt wie der österreichische Filmemacher. In seiner Dokumentation "Im Keller" taucht er allerdings auch ganz real ab und folgt seinen Protagonisten in ihre unterirdischen Katakomben. Keller sind Freiräume, in denen sich Menschen ausleben können, aber sie sind auch Orte, die dem öffentlichen Blick entzogen sind und an denen Verstörendes geschieht. Seidl porträtiert Waffenliebhaber und Sammler von Nazi-Relikten, aber auch Hobby-Opernsänger und ein Paar beim Sado-Maso-Ritual. Ulrich Seidl will niemals wegschauen, was seine Filme oft schwer zu ertragen machen. Aber man verlässt sie auch immer mit dem Gefühl, etwas über Menschen gelernt zu haben.

"Im Keller", Arte-Mediathek, bis 4. Dezember  

"Im Keller" von Ulrich Seidl 
Foto: Arte

"Im Keller" von Ulrich Seidl 


Hass - Analyse eines Gefühls

Hass ist ein Gefühl mit Konjunktur. Zumindest muss es einem so vorkommen, wenn man den weltweiten Extremismus und die zunehmende Polarisierung von Gesellschaften betrachtet. Eine sechsteilige Serie von Hollywood-Regisseur Steven Spielberg und Oscar-Preisträger Alex Gibney geht der Frage nach, warum Menschen hassen und wie das Gefühl politisch instrumentalisiert wird. Die Folgen beschäftigen sich mit den Themen "Ursprung", "Fremde", "Propaganda", "Extremismus", "Völkermord" und "Hoffnung". Auch wenn dieses Hass-Panorama mit Beiträgen von Wissenschaftlern, Tätern und Opfern nicht gerade zum Optimismus beiträgt, liefert sie doch eindrückliche Beispiele und Erkenntnisse zur aufgeheizten Gegenwart. 

"Warum wir hassen", alle Folgen, ZDF-Mediathek, bis 16. Dezember 

"Warum wir hassen"
Foto: ZDF

"Warum wir hassen"


Julian Assange - in der Falle 

Die jüngsten Meldungen über Julian Assange waren dramatisch. Der bei London inhaftierte Whistleblower zeige "Anzeichen psychologischer Folter", schrieben 60 Ärzte in einem offenen Brief, sein Vater rechnet inzwischen damit, dass sein Sohn im Gefängnis sterben könnte. Wie es dazu kam, dass Assange seine Freiheit verlor, erzählt diese Dokumentation, die den Wikileaks-Gründer während seiner Zeit in der equadorianischen Botschaft in London begleitet hat. Sie erinnert an Wikileaks' große Coups, bei denen die Plattform unter anderem Kriegsverbrechen der USA öffentlich gemacht hat, und Assanges Flucht vor der US-Justiz, die weiterhin seine Auslieferung fordert. Im Film kommt Assange selbst zu Wort, aber auch Mitstreiter, Anwälte und Aktivisten, die seit Jahren für seine Freiheit kämpfen.

"In der Falle - Julian Assange zwischen Politik und Justiz", ARD-Mediathek, bis 31. März 2020

Julian Assange
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Julian Assange

 

Max Herre "Athen – Ein Musikfilm"

Der Berliner Musiker Max Herre hat vor drei Wochen ein großartiges Album herausgebracht, es heißt "Athen" und beinhaltet (zufällig?) alle großen Themen der letzten Documenta: die ewige Sehnsucht des Mitteleuropäers nach dem Süden, Schuld, Krise und Anmaßung, Migration, Rechtsradikalismus und natürlich Kunst. Der ehemalige Freundeskreis-Sänger, der aus einer Architektenfamilie kommt, hat zum Release einen ambitionierten "Musikfilm" veröffentlicht, "eine Mischung aus Musikvideo, Kurzfilm und impressionistischer Collage" mit einem Finale im Odeon des Herodes Atticus am Fuß des Akropolis-Felsens in Athen. Manchmal ein bisschen prätentiös, aber Anspruch tut deutschem Hip-Hop auch mal ganz gut. Hier ist der 20-minütige Beitrag: