Messewoche

10 Highlights aus Basel

Zehn Dinge, die man in der Art-Basel-Woche nicht verpassen sollte

Anna Gaskell, "Echo Morris", Art Unlimited
Man stelle sich vor, Manet hätte van Gogh porträtiert – im Stil van Goghs. Ungefähr so wirkt Gaskells filmisches Porträt der Kollegin Morris: perfekt, glattgebügelt, geschnitten wie ein Popclip, mit coolen Beats unterlegt, also ganz so, wie es Morris beliebt, Städte wie Los Angeles oder gerne auch mal, in einer Auftragsarbeit, die Fondation Louis Vuitton in Paris zu zeigen (der Film "Strange Magic" wird auch auf der Art Unlimited ausgestellt). Wir sehen Sarah Morris, in ihren Bildern wie in ihrem Kleidungsstil immer um Perfektion bemüht, wie sie wütend jeden Dekorationsverdacht von sich weist – und wir wissen nicht: Was ist hier real und was schon Parodie? Und genau das macht den Reiz des Films aus. hl

Julius von Bismarck, "Egocentric System", Art Unlimited
Gefangen wie ein Tier, allerdings nicht in einem Käfig, sondern in einer Art rasend rotierendem Riesenwok, sitzt oder liegt der Künstler da und verrichtet Alltagsdinge wie Lesen oder Ruhen. Und man steht drumherum und es ist doch kein Kontakt zu Bismarck möglich, dazu dreht sich die Schale zu schnell und der Künstler ist gezwungen, seinen Blick starr auf einen Punkt zu richten, sonst würde ihm sofort schwindlig werden. Ein schönes Bild sowohl für künstlerische Solitude, existentielles committment sowie für ästhetische Distanz. hl
Mehr zu dem Projekt im Monopol-Interview

Marlene Dumas, Paul Gaugin und Tobias Rehberger, Fondation Beyeler, Riehen
Die Größen begegnen sich über die Jahrhunderte hinweg, unter dem filigranen Flugdach von Renzo Piano an einem der schönsten Museumsorte des Planeten. Gaugins von zahlreichen Meisterwerken gespickte Südseesehnsucht, die er, seine eigene Gesundheit ruinierend, radikal auslebte, wird gespiegelt von der Pixelwand Rehbergers, die sich erst im Blick durch die Smartphonekamera als Aneinanderreihung asiatischer Pornoszenen entpuppt, derart auch an die exotischen Projektionen des Betrachters erinnernd, und vom Röntgenblick der Dumas, die die Meisterschaft beherrscht, mit wenigen Pinselstrichen eine Leitung ins Innere der porträtierten Person herzustellen, die aber auch weiß, dass wir die Bilder, die die Medien herstellen und multiplizieren, nie werden zur Gänze durchdringen können. hl

Florian Meisenberg und Anna K.E., bei der Simone Subal Gallery, Liste
Das Künstlerpaar bespielt die Koje gemeinsam: Er filmt sie dabei, wie sie im sexy Spandexanzug im New Yorker Standard Hotel posiert, dabei ein Smartphone haltend, mit dem sie wiederum ihre eigenen Posen kontrollieren kann, weil sie darin sieht, was er gerade filmt. Wer ist hier Objekt und wer Subjekt der Arbeit, wie sehr ist der Blick des Betrachters sexuell kodiert, wo liegen die Grenzen künstlerischer Kollaboration? hl

Raphael Hefti, bei RaebervonStenglin, Art Basel
Es gibt ein ganz urtümliches Verlangen, Maschinen bei der Arbeit zuzusehen, wie man sehr schön an älteren Männern beobachten kann, die gerne an Baustellen verweilen. Hefti borgte sich eine sieben Tonnen schwere Stahlschneidemaschine aus, die sonst Waffen- oder Uhrteile schneidet (beides ist für viele Sammler aus professionellen Gründen interessant) – und nun so lange an Stahlzylindern herumfräst, bis nichts mehr von ihnen übrig ist. Herrlich, dabei kann man stundenlang zuschauen. Tun auch eine Menge Leute. hl

Rikrit Tiravanijas Gemeinschaftküche auf dem Messeplatz
Nachdem im Januar die Kopplung des Schweizer Franken an den Euro aufgehoben wurde, wird jetzt fast Eins zu Eins umgerechnet – wodurch Basel für Gäste aus Euro-Zone noch teurer geworden ist. Gut, dass der thailändische Künstler Rikrit Tiravanija auf dem Messeplatz im Auftrag der Art Basel eine Gemeinschaftsküche aufgebaut hat (in Zusammenarbeit mit den deutschen Architekten Nikolaus Hirsch und Michel Müller), in der jeder kostenlos essen kann. Einzige Bedingung: Die Gäste müssen ihre Schüsseln wieder selbst abwaschen. Aber gerne! Der Künstler steht selbst am Wok. Tiravanija sagt im Interview in der Juni-Ausgabe von Monopol: "Würste und Teller und Menschen sind ja keine Kunstprojekte. Es sind nur Würste und Teller und Menschen. Wir bedienen niemanden und machen keinen Profit." Aber auch, wenn das keine Kunst sein sollte: Es schmeckt hervorragend! dv

Pascale Marthine Tayous „Plastic Tree” (2014), Art Unlimited
Diese Installation des in Kamerun geborenen und in Belgien lebenden Künstlers auf der Art Unlimited war in den letzten Tagen der Liebling in den sozialen Medien und Zeitungen. Besucher, die die Zweige mit den bunten Plastiktütenblüten sehen, rufen "ah" und "oh" – und überlegen dann, ob so eine schöne Arbeit auch eine umweltpolitische Aussage haben kann. Aber natürlich! Für den 1964 geborenen Künstler, der seit langem, mit Plastiktüten arbeitet, sind die Beutel auch ein Symbol für den Umgang von Menschen untereinander. dv

Farbverläufe bei Matti Braun auf der Art Basel und Marcia Hafif auf der Unlimited
Die beiden riesigen Seidenbilder von Matti Braun am Stand von Esther Schipper, auf denen er mit Färbemittel und Aluminiumstaub Farbverläufe hergestellt hat, haben eine irre Intensität, die auf einer Messe gar nicht richtig wirken kann. Die Arbeiten hätte auf die Art Unlimited gehört! Dort hat Marcia Hafifs "An Extended Gray Scale" (1973) Platz: auch ein Farbverlauf, aber nicht auf einen, sondern auf 106 Bildern. Zwischen Weiß bis Schwarz, shaded of gray, nach von der Künstlerin sich auferlegten, strengen Regeln entstanden. Faszination, was Malerei alles kann. dv

Gregor Schneiders "Liebeslaube", Art Unlimited
Auf der Unlimited steht eine Holzkiste, die ein kleines, begehbares, weißes Zimmer beinhaltet: die "Liebeslaube" (1995) von Gregor Schneider. Amouröse Gefühle kommen in dem mit einem Bett und einem Schrank möblierten Raum, den man nur kriechend erreicht, aber kaum auf. "Liebe ist kälter als der Tod" – Rainer Werner Fassbinders Weisheit wird hier deutlich spürbar. dv

David Shrigley "Life Model", Art Unlimited
Und noch einmal Art Unlimited (die ist in diesem Jahr auch wirklich gut!): Eine drei Meter hohe Statue einer nackten Witzfigur steht in einer Koje, drumherum können Besucher sich an Staffeleien setzen und den Karikatur eines Nacktmodells abzeichnen. Die Ergebnisse dieser Parodie auf die traditionelle akademische Kunstausbildung hängen an der Wand. An den Preview-Tagen haben auch Künstlerkollegen wie Takashi Murakami (hier seine Zeichnung) an der Zeichenklasse teilgenommen. dv

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