Aktionismus

Wenn die Ampel zum Medium wird

Rot: "Stop meat!" Grün: "Go vegan!" In Berlin haben Aktivisten diese Woche auf zahlreichen Ampeln für Fleischverzicht geworben. Immer öfter werden Lichtsignalanlagen zu politischen Kampfzonen

Diesen Sommer wird in der neu aufgeflammten Klimadebatte häufig über Verbote gestritten: Viele fürchten Eingriffe in die individuelle Freiheit, und doch dämmert es laut Umfragen einer Mehrheit der Deutschen, dass es nicht ohne gehen wird, wenn man endlich etwas erreichen wird. 

Im Verkehr sehen wohl die meisten die Notwendigkeit von Ge- und Verboten ein. Hier ist ganz unmittelbar klar, wohin grenzenlose individuelle Freiheit führen würde: zu Unfällen und Toten. Beim schleichenden Klimawandel folgen Handlungen und Wirkungen nicht so direkt aufeinander – weshalb Verbote weniger Akzeptanz finden.

Vielleicht ist das unterschwellige Botschaft der Aktivisten, die in dieser Woche Berliner Ampeln mit Botschaften versehen haben und damit Straßenverkehrsordnung und Umweltschutz verknüpften: Im Verkehr geht es doch auch, warum nicht in eurer Ernährung? "Go vegan" (grün) und "Stop meat" (rot) war am Donnerstag auf vielen Signalanlagen zu lesen. Wir wissen schließlich – gerade erst wieder bestätigt durch den Bericht des Weltklimarats zur Landnutzung –, dass unser Fleischkonsum ein Riesenproblem ist. 

Die Sichtbarkeit und Autorität von Ampeln machen sie zu einem Kampffeld der Politik. Das war mit dem ostdeutschen Ampelmännchen und dem Rechtsabbiegerpfeil so, der zum Symbol für die Frage wurde, ob Westdeutschland nicht auch etwas von der ehemaligen DDR übernehmen sollte. Das ist bei den homosexuellen Ampelpärchen in einigen europäischen Städten so. Und eben bei Aktionen wie jetzt in Berlin, wo Schablonen auf die Lichter geklebt werden und so Botschaften senden. 

Fast alle Schablonen konnte die Polizei übrigens selber abnehmen. Daher werde auch nicht wegen Straftaten ermittelt. "Eine Ampel war aber so hoch, dass wir die Feuerwehr zur Unterstützung holen müssten". Wie die Unbekannten an die Lichter gelangt sind, war völlig unklar. "Vielleicht sind sie den Mast hochgeklettert."

Jetzt sind die Ampeln wieder clean. Grün: fahren. Rot: nicht fahren. So einfach ist das, so vernünftig – und fast jeder hält sich dran.

(Mit Quellmaterial von dpa)