Leipziger GfZK feiert Jubiläum

Ein Land oder zwei?

Über 30 Jahre nach der Wiedervereinigung von Ost und West gibt es unterschiedliche Meinungen dazu, ob die Bundesrepublik vereint ist. Verschiedene Sichtweisen aus Vergangenheit und Gegenwart will die Galerie für Zeitgenössische Kunst in Leipzig zusammenbringen

Vor über 25 Jahren trafen sich zwei, die eine gemeinsame Vision teilten: Ost und West durch Kunst näher zusammenbringen. Aus den Vorstellungen von Klaus Werner und Arend Oetker ist in Leipzig die Galerie für Zeitgenössische Kunst (GfZK) entstanden. In diesem Jahr feiert sie 25. Jubiläum. 

Ost und West seien bis heute nicht eins, sagte der 84-jährige Oetker im Interview der Deutschen Presse-Agentur. "Heute sind wir bei Weitem noch nicht vereint. Es gibt noch viele Unterschiede." Die AfD sei dabei in seinen Augen "die größte Bedrohung".

In den neuen Bundesländern seien die demokratischen Werte noch nicht so stark verbreitet, findet Oetker. "Deshalb ist die AfD dort auch so erfolgreich. Wir dürfen uns nichts vormachen", warnte der in Nordrhein-Westfalen geborene Urenkel von August Oetker, der einst die Oetker-Gruppe gründete. Bis Deutschland wirklich ein Land ist, dauere es noch mindestens eine Generation. Erst jüngst hatte eine Studie der Universität Leipzig ergeben, dass in Ostdeutschland die Unterstützung für die Idee der Demokratie und die verfassungsmäßige Ordnung im Prinzip hoch ist, aber eine große Unzufriedenheit mit der Demokratie im Alltag herrscht.

Gesellschaftskritischer Ansatz in der Kunst

Werner - der bereits 2010 verstorben ist - und Oetker gründeten im November 1990 zunächst den Förderkreis der Galerie. Dieser ist bis heute aktiv, Oetker bis heute Teil davon. "Dann haben wir an unterschiedlichen Orten Ausstellungen gemacht, unter anderem dort, wo heute das Leipziger Bundesverwaltungsgericht ist oder in der Untergrundmessehalle." 1998 wurde dann das Museumsgebäude und damit auch die Galerie offiziell eröffnet. 

"Gleichzeitig habe ich dafür gesorgt, dass einzelne Stücke der Sammlung der Galerie geschenkt werden. Dazu zählt auch ein großer Teil meiner eigenen Sammlung", so Oetker. Er sei dagegen, Ausstellungsstücke nur als Leihgabe weiterzugeben. "Man muss sie auf Dauer schenken. Denn das schafft mehr Sicherheit."

Von Anfang an sei es wichtig für die GfZK gewesen, den gesellschaftskritischen Ansatz in der Kunst zu zeigen, sagte die heutige Direktorin der Galerie, Franciska Zólyom. "Das heißt, dass wir immer sehr stark aus dem lokalen Kontext heraus arbeiten, Fragen der urbanen und der gesellschaftlichen Veränderung aufgreifen und so regionale, überregionale und internationale Fragen miteinander verknüpfen." Jungen Künstlerinnen und Künstlern gebe die Galerie Raum, um künstlerische Formen zu erschaffen, die es so noch nicht gebe.

Ein diskriminierungsarmer Raum

Thematische Schwerpunkte, wie beispielsweise die Arbeitsbedingungen von Menschen aus Vietnam in Ostdeutschland oder die Kolonialgeschichte in Leipzig ziehen der Direktorin zufolge unterschiedlichste Publikumsschichten an. Durch das Gegenüberstellen von ost- und westdeutscher Kunst könne die Geschichte auch heute noch um neue Blickwinkel erweitert werden. "Parallele Entwicklungen sollen gemeinsam betrachtet werden", so Zólyom.

Dazu, ob Deutschland eins oder immer noch zweigeteilt ist, gebe es viele Meinungen, sagte die Direktorin. "Das erleben wir tagtäglich in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit. Wir arbeiten mit Künstlern und Historikern an diesem Thema. Ich denke, man muss sehr vorsichtig und sehr aufmerksam mit diesen Themen umgehen." In ihren Augen könne es bei dem Thema nicht nur eine Erzählung geben: "Es geht viel mehr darum, unterschiedliche Stimmen und unterschiedliche Aspekte hervorzurufen. Also: Für wen war so ein Wandel von Vorteil und für wen von Nachteil? Wie schlägt sich das dann im öffentlichen Leben und im Diskurs nieder?"

25 Jahre nach der Eröffnung der Galerie beschäftige sich das GfZK-Team vor allem damit, wie die eigene Arbeit klimafreundlicher gestaltet werden kann, sagte Zólyom. "In Zukunft sollen Positionspapiere entstehen. Wir haben auch einige Werke in unserer Sammlung, die sich mit ökologischer Nachhaltigkeit beschäftigen. Das sind zum Teil Werke, die noch Gründungsdirektor Klaus Werner angekauft hat."

Außerdem wolle die Galerie ein diskriminierungsarmer Raum sein: "Auch deshalb planen wir in den nächsten Monaten Ausstellungen, in denen es darum geht, mit welchen unterschiedlichen Wahrnehmungen gehen wir durch die Welt? Was bedeutet es, körperlich, psychisch oder geistig beeinträchtigt zu sein? Und was bedeutet das für Kunstproduktion?"