James-Simon-Galerie

Hereinspaziert!

In Berlin wird doch mal was fertig: In Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde heute das neue Empfangsgebäude der Museumsinsel von Star-Architekt David Chipperfield eingeweiht  

Für manche ist es "Berlins Antwort auf die Louvre-Pyramide", in der Hauptstadt wird auch schon mal von der "teuersten Garderobe der Welt" gesprochen. Nach deutlich verlängerter Bauzeit, entsprechend gestiegenen Kosten, vielen Problemen und noch mehr Diskussionen ist die James-Simon-Galerie als Empfangsgebäude auf der Berliner Museumsinsel bereit für die ersten Besucher. Bei der heutigen Eröffnungsveranstaltung war auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel zugegen.

In ihrer Ansprache warnte Merkel vor der Abgrenzung der Kulturen in einer vielschichtigen Welt. "Wie verführerisch und zugleich fatal ist es doch, die Augen vor der Komplexität globaler Wechselwirkung zu verschließen und sich lieber ein eigenes, überschaubares Weltbild zu schaffen", sagte die CDU-Politikerin am Freitag in Berlin während des Festaktes auf der Museumsinsel. Museen verschafften die Möglichkeit, "aus neuen Ansichten neue Einsichten zu gewinnen", so Merkel.

Das Weltkulturerbe Museumsinsel sei ein Ort, "an dem wir uns auch der heutigen gegenseitigen Abhängigkeiten auf unserer Welt bewusst werden können". Dies sei in seiner Bedeutung für das Zusammenleben nicht hoch genug einzuschätzen. "Wir erleben derzeit weltweit, dass im öffentlichen Diskurs immer mehr das Eigeninteresse - oder das, was dafür gehalten wird - als das Maß der Dinge angesehen wird." Darunter litten Bereitschaft und Fähigkeit zum Kompromiss. "Abgrenzung, Ausgrenzung, Abschottung sind die Folge. Bei solchem Nährboden wachsen Missverständnisse, Vorurteile, Feindbilder", sagte die mit anhaltend starkem Beifall bedachte Kanzlerin.

Von Paris gelernt

Architekt David Chipperfield zeigte sich bei der Eröffnung ebenfalls dankbar und erfreut. Dabei war das Projekt nicht immer reibungslos verlaufen: Die großen Schwierigkeiten lagen für Chipperfield in der Planungsphase. "Normalerweise ist der Inhalt klar, wenn man ein Gebäude bauen soll", sagt Chipperfield. Die Ansprüche seien umfassend gewesen wie eine "Shopping-Liste" mit Wünschen für ein Auditorium, mehr Ausstellungsfläche, Zugänge für alle sechs Museen der Insel "bisher ohne echten Empfangsbereich" oder schlicht mehr Toiletten. Der Vergleich zur 1989 realisierten Pyramide am Pariser Louvre liegt für Chipperfield auf der Hand: "Wir haben aus den Pariser Problemen mit den Zugängen gelernt", sagte Chipperfield. Vor der berühmten Pyramide seines nicht minder bekannten Kollegen Ieoh Ming Pei (1917-2019) bilden sich bis heute häufig Besucherschlangen.

Die nun fertige Berliner Galerie ist entstanden auf dem Geländes des früheren Packhofes, an den noch ein Gründungspfahl im Durchgang zum Neuen Museum erinnert. Der mächtige Stamm steht auch für eines der Hauptprobleme des neuen Baus: wegen einer eiszeitlichen Auswaschung im Baugrund mussten Taucher für ein stabiles Fundament 1200 Pfähle in den schlammigen Berliner Boden rammen. Auch das trieb die Kosten von anfangs 71 auf 134 Millionen Euro hoch. Die Galerie hat eine Nutzfläche von 4600 Quadratmetern und wird die sechs Museen künftig über eine unterirdische Promenade verbinden. Chipperfield sprach von einem demokratisierenden Gebäude, das künftig mehrere Zugänge auf unterschiedlichen Ebenen zu den sechs Häusern der Museumsinsel zulasse. Jährlich werden zwei bis drei Millionen Museumsgänger erwartet.

Die Griechen, die Preußen und das Heute

Der steinerne Sockel der Galerie erhebt sich hoch über der Uferkante des Kanals, der gemeinsam mit der Spree die Museumsinsel umschließt. Direkt am Wasser prägt eine Reihe schlanker Säulen das Erscheinungsbild des Gebäudes. Chipperfield griff damit die prägende Architektur der Insel auf: "So kommen die Kolonnaden von den Griechen über die Preußen in unsere Zeit." Ins Gebäude lockt eine breite Freitreppe hoch zum lichtdurchfluteten Foyer mit Zugängen zu Ticketcounter, Café, Büchershop, einem großen Ausstellungsraum mit künstlicher Lichtdecke und einem spektakulären Auditorium.

Benannt ist das Haus nach dem jüdischen Museumsmäzen James Simon (1851-1932), dem die Museumsinsel viele Exponate und auch die wohl größte Attraktion, die Büste der Nofretete, zu verdanken hat. Für Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und damit Hausherr des Gebäudes, ist dies ein Mittel gegen drohendes Vergessen: "Viele Museen in Deutschland wären ohne jüdische Mäzene nicht das, was sie heute sind."