Dresden

Experte: Einbruch ins Grüne Gewölbe nur wegen Sicherheitslücken

Ein Mitarbeiter der Spurensicherung fotografiert vor dem Residenzschloss von einer Leiter ein Gitterfenster des Grünen Gewölbe
Foto: dpa

Ein Mitarbeiter der Spurensicherung fotografiert vor dem Residenzschloss ein Gitterfenster des Grünen Gewölbe

Der Diebstahl kostbarer historischer Schmuckstücke aus dem Dresdner Grünen Gewölbe schockte die Museumswelt. Noch immer ist nicht restlos geklärt, wie in die als "begehbarer Tresor" beworbene barocke Schatzkammer eingebrochen werden konnte

Der Juwelendiebstahl aus dem Historischen Grünen Gewölbe Dresden war nach Überzeugung des mit dem Fall vertrauten Juristen und Publizisten Butz Peters "nur wegen eklatanter Sicherheitsmängel" bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden möglich. "Es gab eine Reihe von Pannen, Fehleinschätzungen und Fehlverhalten", sagte er zum vierten Jahrestag des spektakulären Einbruchs der Deutschen Presse-Agentur. 

So seien ein Angriff von außen oder nachts für die Verantwortlichen undenkbar und die Überwachung lückenhaft gewesen und es habe für das Museum auch kein umfassendes Sicherheitskonzept gegeben.

In seinem neuen Buch "Der Clan und die Juwelen" beschreibt Peters, der einige Jahre auch die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY - ungelöst" moderierte, auch den spektakulären Coup, die Ermittlungen, den Prozess und am Beispiel der Remmos wie ein Clan funktioniert - die fünf als Täter Verurteilten gehören zu der bekannten arabischstämmigen Berliner Großfamilie. Der Begriff Clankriminalität ist umstritten, weil er nach Ansicht von Kritikern Menschen mit Migrationshintergrund alleine aufgrund ihrer Familienzugehörigkeit und Herkunft stigmatisiert und diskriminiert.

"Gegen solche Profi-Einbrecher hilft nur Elektronik"

Der Diebstahl der Goldmünze in Berlin 2017 habe gezeigt, "wie so etwas gelingt", sagte Peters. Auch dort habe, wie später am Dresdner Residenzschloss, der elektronische Schutz an einer Stelle nicht funktioniert. "Gegen solche Profi-Einbrecher hilft nur Elektronik, Gitter knacken die alle." Erst bei der Tat-Rekonstruktion habe die Dresdner Polizei gestaunt, dass der Scanner für die Außenhaut des Museum gar nicht ansprang. "Warum, das weiß bis heute keiner." 

Dieser "tote Winkel", in dem das von den Tätern genutzte Einstiegsfenster lag, sei seit Jahren in den Akten mitgeschleppt worden, es sei aber nicht gehandelt worden - und nach einem Fehlalarm am Vorabend der Tat sei die Anlage nicht wieder eingeschaltet worden.

"Dreh- und Angelpunkt ist der unsichtbare Vorhang durch Elektronik, der nicht kontrolliert wurde, ob er auch durchgängig funktioniert", sagte Peters. Techniker hätten die Scanner regelmäßig gewartet, "aber nie richtig ausprobiert, ob sie reagieren, wenn mal jemand über den Zaun steigt". Das testeten die Täter sogar in mehreren Nächten, bevor sie zuschlugen, und probierten aus, "ob Alarm ausgelöst wird oder nicht", sagte Peters. 

Die Ermittlungen in dem Fall dauern weiter an 

Ungeklärt in dem Verfahren geblieben sei, warum die Wachleute davon nichts mitbekamen, was auf den Überwachungsvideos dokumentiert sei. "Die haben wohl gepennt", sagte Peters, "in welcher Form auch immer". Zudem habe es weder Außenkontrollen noch praktische Alarmübungen gegeben.

Der Kunstdiebstahl aus Sachsens berühmtem Schatzkammermuseum gilt als einer der spektakulärsten in Deutschland. Die Täter erbeuteten 21 historische Schmuckstücke aus Diamanten und Brillanten im Gesamtwert von 116,8 Millionen Euro und verursachten über eine Million Euro Schaden. Im Zuge eines Deals im Prozess war der Großteil Ende 2022 zurückgegeben worden. 

Das Landgericht hatte im Mai fünf junge Männer aus dem Remmo-Clan zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt, auch wegen Brandstiftungen an einem Fluchtauto in der Tiefgarage eines Wohnhauses sowie einem Stromverteiler. Die Ermittlungen in dem Fall dauern weiter an - gesucht wird unter anderem noch nach dem sechsten Täter und dem Rest der Beute.