Kunst und Umwelt

"Ein Museum ist auch Werteproduzent"

Klimaschutz kommt in Museen zumeist nur als Programminhalt vor – wenn überhaupt. Dabei gäbe es genug zu tun, um Emissionen von Ausstellungshäusern zu drosseln. Das Kunst Haus Wien will mit gutem Beispiel vorangehen

Was tun Ausstellungshäuser eigentlich, um CO2-Emissionen einzusparen? Nachdem die britischen Tate-Museen Mitte Juli den Klimanotstand ausgerufen haben, steht die Frage im Raum. In den Chefetagen der deutschen Häuser gebe es eher wenig Interesse an Klimapolitik, sagt Stefan Simon, Direktor des Rathgen-Forschungslabor der Staatlichen Museen zu Berlin, im Gespräch mit Monopol. Der Konservierungswissenschaftler betont, dass Museen nicht zu unterschätzende Energiefresser sind.

Wenn Klimaschutz in Museen bislang überhaupt eine Rolle spielt, dann vor allem als Thema von Ausstellungen und Veranstaltungen. Das war am Kunst Haus Wien - Museum Hundertwasser zunächst nicht anders. Als Bettina Leidl dort vor fünf Jahren Direktorin wurde, stellte sie sich die Frage, wie sie mit Wechselausstellungen an den omnipräsenten Gründer des Museums, Friedensreich Hundertwasser, andocken kann. Das Verhältnis zwischen Kunst, Leben und Ökologie durchzieht das Werk des wohl bekanntesten österreichischen Künstlers, der sich auch als Umweltaktivist hervortat. Also lud Bettina Leidl regelmäßig Künstlerinnen und Künstler wie Jochen Lempert, Oliver Ressler oder Claudia Märzendorfer ein, die zu Biodiversität, Klimawandel, Wassernutzung, Recycling und anderen Umweltthemen arbeiten. Doch irgendwann war das nicht mehr genug.

"Irgendwann haben wir uns gefragt, wie wir als Museum selbst eigentlich mit dem Thema Ökologie umgehen", sagt Bettina Leidl. In Österreich gibt es zwar ein "Umweltzeichen für die Tourismus und Freizeitwirtschaft" – von Hundertwasser entworfen! –, damit zertifiziert der Staat Dienstleister und Events, aber bislang keine Museen und Ausstellungshäuser. Also hat Bettina Leidl das Umweltministerium mit Museen zusammengebracht, und gemeinsam mit der österreichischen Sektion des International Council of Museums (ICOM), dem Museumsbund Österreich und dem Österreichischen Ökologie-Institut für angewandte Umweltforschung hat man Richtlinien für Museen und Ausstellungshäuser entwickelt.

Damit ist nun der Maßnahmenkatalog erweitert, mit dem Veranstalter das Umweltzeichen erwerben können und der bislang von Energie- und Wassernutzung über Mobilität, Abfallvermeidung bis zu Raumreinigung reicht. Zu den museumsspezifischen Anforderungen gehören jetzt Schritte zur Sekundärverwertung von Publikationen, zur Material-und Produktewahl in der Ausstellungsarchitektur und eine spezielle Vermittlung zu Themen der Ökologie und Nachhaltigkeit.

Erstes Museum mit Umweltzeichen

Das Kunst Haus Wien hat einen längeren Zertifizierungsprozess durchlaufen und vor einem Jahr als erstes Museum das Gütesiegel erhalten. "Ein Museum ist auch ein Werteproduzent, der als öffentliches Unternehmen und Arbeitgeber auch eine gesellschaftspolitische Haltung zu vermitteln hat", sagt Bettina Leidl. In ihrem Haus gehen Restauratoren nun behutsamer mit chemischen Mitteln und deren Entsorgung um, man bezieht Ökostrom, führt Ausstellungswände und Verpackungen nach Gebrauch dem Recycling zu, hat größtenteils aus LED-Beleuchtung umgestellt und druckt nur noch auf chlorfreiem Recyclingpapier. Der Shop hat seine Produkte überdacht, das Restaurant bietet vegane Speisen und hat jetzt ein ökologisches Abfallwirtschaftkonzept. "Das sind Prozesse, die ein halbes Jahr in Anspruch genommen haben."

Noch steht die Sanierung der Haustechnik aus, laut Stefan Simon ist in Museen die Klimatisierung verantwortlich für die meisten CO2-Emissionen. In dem Wiener Museum ist das System bereits 30 Jahre alt. Das Problem seien oft die strengen konservatorischen Kriterien der Leihgeber, sagt Bettina Leidl. "Dabei kann man sich durchaus fragen, ob die starke Klimatisierung Ölgemälde nicht auch schädigen. Vor zwei Jahren habe ich in der Eremitage in St. Petersburg gesehen, wie einfach ein Fenster aufgemacht wurde, weil es zu heiß war. Das hat mir zu denken geben, ich fand es aber ziemlich nachhaltig."