Architekt Chipperfield zum 70.

Im fernöstlichen Geiste

Seine Museumsbauten und Restaurierungen haben ihn weltberühmt gemacht. Mit dem Pritzker-Preis ist Sir David Chipperfield jetzt vollends im Architekten-Olymp angekommen. Nun wird der Brite, dessen Ruhm in Berlin begründet wurde, 70 Jahre alt

Obwohl er hier eine Wohnung hat, noch dazu in einem selbst entworfenen Gebäudekomplex, ist er nur noch selten in Berlin. Dabei hat David Chipperfield in der deutschen Hauptstadt seinen internationalen Ruhm begründet, und keine der zahlreichen Auszeichnungen, die ihm mit zunehmendem Alter zuteil wurden, verzichtete, darauf Bezug zu nehmen. Im Grunde ist es eine Trias von Bauten, die sein Berliner Hauptwerk ausmachen, alle für die Staatlichen Museen Berlin geschaffen: die Wiederherstellung des Neuen Museums, abgeschlossen 2009, der Neubau des nach James Simon benannten Eingangsgebäudes zur Museumsinsel zehn Jahre darauf und noch einmal zwei Jahre später die bis ins letzte Detail restaurierte Neue Nationalgalerie Mies van der Rohes.

Es sind denn auch die zahlreichen Museumsentwürfe, die in der Begründung für die Ehrung mit dem diesjährigen Pritzker-Preis den breitesten Raum einnehmen. Schon vor dem überaus anspruchsvollen Projekt der Wiederherstellung des Neuen Museums hatte Chipperfield in seiner englischen Heimat mit kleineren Museumsbauten Aufmerksamkeit erlangt. Aber erst das Berliner Projekt machte ihn zum Weltstar, wenn man so will, aber zu einem, dem alle Starallüren fremd sind.

In Berlin hatte er sich mit der Geduld und der Bereitschaft zuzuhören, mit dem er die insgesamt 15-jährige Planungs- und Bauzeit des neuen Museums durchstand, allseits Respekt erworben. Die beiden weiteren Vorhaben der Staatlichen Museen fielen ihm dann beinahe zwangsläufig zu. Währenddessen hatte er mit dem Literaturmuseum der Moderne im schwäbischen Marbach ein Beispiel seiner zugleich modernen wie sparsam monumentalen Formensprache gegeben.

Restaurierung der Neuen Nationalgalerie absolutes Meisterwerk

In London geboren und auf dem Lande aufgewachsen, musste Chipperfield nach dem Studium erst nach Japan gehen, um am dortigen Minimalismus eine eigene Haltung zu finden und zu festigen. Dem Beton, gerne unverkleidet gelassen, blieb er seither treu, den Backstein lernte er in Berlin schätzen. Mit dem Ruhm kam der Erfolg, der ihn aus zahlreichen Wettbewerben als Sieger hervorgehen sah; nicht immer zum Besten seiner Architektur, denn manche der nun vielfach zeitgleich zu bearbeitenden Vorhaben in aller Welt gerieten ihm eher schematisch, wie der etwas klobige Neubau des Kunsthauses Zürich und der ein oder andere der nun zahlreichen Kommerzbauten.

Überhaupt scheint ihm bei Neuschöpfungen der Widerpart des Alten, schon Vorhandenen zu fehlen, an dem er die für ihn so kennzeichnenden, behutsamen Veränderungen und Ergänzungen vornehmen kann. So gesehen, ist die Restaurierung der Neuen Nationalgalerie sein absolutes Meisterwerk in einem geradezu fernöstlichen Sinne: das Verbergen der eigenen Handschrift zugunsten der Entfaltung des Vorhandenen, zu einem Bauwerk, wie es dessen Baumeister Mies selbst nie so vollendet gesehen hat.

Am heutigen Montag feiert Sir David Chipperfield, als Pritzker-Preisträger in die Riege der bedeutendsten Architekten der Neuzeit aufgenommen, seinen 70. Geburtstag. Wie man hört: an seinem Sommerdomizil in Nordspanien. Dort hat er sich ein Haus gebaut, das sich ganz in die dörfliche Struktur des Ortes einfügt. Ein typischer Chipperfield eben.