Kuratorin Julia Schäfer über Kunstvermittlung

"Wir müssen mit Menschen außerhalb unserer Blase ins Gespräch kommen"

Wer geht überhaupt ins Museum und wie kommt die Kunst aus ihrer elitären Haltung heraus? Die Kuratorin Julia Schäfer beschäftigt sich seit Jahren mit diesen Fragen. Ein Gespräch zu ihrem Abschied von der GfZK Leipzig


Frau Schäfer, in der Galerie für Zeitgenössische Kunst (GfZK) in Leipzig eröffnete kürzlich die von Ihnen kuratierte Ausstellung "Appointment X - Verabredungen unter besonderen Bedingungen". Zentral ist die Frage, wie Kultur für einen größeren Personenkreis zugänglich gemacht werden kann. Gab es einen konkreten Anlass für diese Ausstellung?

Es gab keinen besonderen Auslöser, vielmehr kommen in dieser Ausstellungen für mich verschiedene Richtungen aus den vergangenen Jahren zusammen: Zum einen bin ich ausgebildete Kunstvermittlerin, das Vermitteln habe ich quasi im Blut. Ich frage mich immer: Wen möchte ich erreichen? Würde ich selbst hingehen? Würde meine kunstferne Verwandtschaft einen Zugang finden? Der Neubau der GfZK ist konzeptionell so angelegt, dass es viele Sichtachsen nach außen gibt und die räumliche Situation verändert werden kann. Diese Transparenz und Flexibilität haben mich immer wieder zu Ausstellungsformaten inspiriert und grundsätzlich über mehr institutionelle Durchlässigkeit nachdenken lassen. Zudem gründete ich vor drei Jahren mit anderen Kulturakteurinnen und -akteuren vor dem politischen Hintergrund Sachsens ein Netzwerk, um den Austausch zwischen Stadt und Land zu stärken. Auch durch dieses Engagement wurde mir noch einmal klar, dass wir mehr rausgehen müssen, um mit Menschen außerhalb unserer Blase ins Gespräch zu kommen.

Es ist zugleich Ihre Abschiedsausstellung nach 20 Jahren am Haus. Steht sie programmatisch für Ihre kuratorische Arbeit?

Ja. Wir müssen überlegen, wen Institutionen mit ihrer Arbeit überhaupt erreichen können. Nur 15 Prozent der Bevölkerung gehen ins Museum. Diese Ausstellung ist mein Statement zur aktuellen Ausstellungspraxis, die oft hermetisch, sehr theorielastig, mitunter wenig spielerisch ist. Ich sage das hier so offen, auch weil mir das das Publikum sowie die beteiligten Künstlerinnen und Künstler spiegeln. Sie fühlen sich in dieser "Anti-Starbucks-Ausstellung" befreit.

Von was genau fühlen sie sich befreit? Und was verstehen Sie unter einer "Starbucks-Ausstellung"?

Sie empfinden das Kunstsystem als sehr hermetisch. Man spricht von Offenheit und Teilhabe, bleibt jedoch in der eigenen Blase. Eine Künstlerin aus der Ausstellung schrieb: "Appointment X ist eine radikale und widerständige Ausstellung, welche das gängige Kunstsystem komplett in Frage stellt. In welchen kulturellen 'Ego und Starbucks- Narzissmen' bewegen wir uns eigentlich? Wie kann Vermittlung vermitteln? Wie verhandeln wir kollaborative Praktiken?" Ein anderer Besucher schrieb mir: "Die Ausstellung fand ich sehr erfrischend: offen und einladend. Das beschäftigt mich sehr, wie aktuelle Kunst den ganzen vermeintlichen Bürden und hermetischen Bezugssystemen entkommen kann." Die Ausstellung ist für mich die logische Konsequenz nach 20 Jahren vermittlungs-kuratorischer Arbeit.

Was heißt das genau?

Sie aktiviert. Sie geht raus. Sie macht Spaß, ohne pures Entertainment zu sein. Das Projekt "Fun Palace" von 1964 diente mir als historische Referenz: Der Architekt Cedric Price und die Dramaturgin Joan Littlewood hatten sich eine Architektur und ein Konzept für die Nachbarschaft des Londoner Ostens ausgedacht, die multifunktionsfähig auf aktuelle Bedürfnisse der Anwohner:innen einzugehen in der Lage gewesen wäre. Es war geplant, dass man dort essen, tanzen und ins Kino gehen konnte. Es sollten Workshop-Zonen entstehen oder einfach nur Ebenen, um in den Himmel zu schauen. Alle Sinne sollten angesprochen werden. Das Projekt wurde nie realisiert. Es gibt aber wunderbare Skizzen und ein Manifest, das zu Beginn der Ausstellung nachzulesen ist.

Ihre Ausstellung in Leipzig zeigt sowohl Kunstwerke als auch Projekte, die sehr unterschiedliche Antworten auf die Frage nach Zugänglichkeit von Kunst und Kultur geben. Sprechen wir über einige Arbeiten: Lorenz Lindner hat für "Problem" kaputte Katzenaugen an Äste gebunden, die über die Zeit eingewachsen sind.

Auch diese Arbeit war für mich ein wichtiger Einstieg. Lorenz Lindner ist, wie er selbst sagt, eine "Kollaboration" mit den Haselnussbäumen in seinem Garten eingegangen. Durch diese ungewöhnliche Handlung ist etwas Neues und in meinen Augen sehr Schönes entstanden. Eine Intarsie der Gegensätze. Stefanie Wenner, Professorin der Hochschule für Bildenden Künste Dresden, bezieht in ihrem Wanderschaftsprojekt "Fermate" Pflanzen und Tiere als erweitertes Publikum ein. Zur Eröffnung performte sie im Pilzkostüm, und ihr Wandgemälde im Inneren setzt sich an der Fassade fort, so dass die Bäume und Pflanzen vor dem Museum es wahrnehmen können.  

Auch körperliche Aktivität spielt immer wieder eine Rolle: Für die Realisierung seiner künstlerischen Arbeit sucht Asad Raza laut der Homepage der GfZK "aufgeschlossene und freundliche Personen, die Tennis, Badminton oder Squash spielen und dies auch vermitteln können." Was macht Tennisstunden zur Kunst?

Auch Asad Raza hat sich schon oft auf den "Fun Palace" bezogen. Seine künstlerische Praxis denkt in erweiterten Räumen und Handlungsfeldern. Er irritiert und unterbricht Gewohnheiten, wie im letzten Jahr im Gropius Bau mit der Arbeit "Absorption", wo er organische Reste der Stadt zu neuer Erde verwandelt hat und sich Besucherinnen und Besucher etwas mitnehmen konnten. In "untitled (practice)" im Rahmen meiner Ausstellung wird eine Außenfassade des Museums zur Tennistrainingswand. Jeden Mittwoch zwischen 16 und 19 Uhr bieten wir Trainings an. An den anderen Tagen können die Leute selbständig spielen. Zum einen ertappt man sich dabei, im Rahmen einer Ausstellung etwas zu tun, mit dem man nicht gerechnet hat. Gleichzeitig geht es ihm auch um den Moment des Dialogs mit den Trainerinnen oder Trainern. Idealerweise kommt man in einen meditativen Zustand. Die Arbeit ist ein Spiel mit der Architektur, ein Spiel mit dem klassischen Rezeptionsverhalten und vor allem eine Erweiterung musealer Handlungszonen.

Ähnliche Assoziationen ruft „No one else can feel it for you“ von Johanna Kirsch hervor. Sie deutet in einem großen Raum eine Boulderstrecke an, die kaum zu begehen ist.

Es geht mehr um das Spiel mit dem Gedanken, was passiert, wenn ich aus dem Museum klettere. Einer der Boulderpunkte, die sie selbst angefertigt hat, befindet sich draußen an der Fassade. Das ist "Escaping Art". Sie befragt indirekt auch das System der Kunst, die Aus- und Einschlussmechanismen. Auch die Frage institutioneller Grenzen stellt sich hier: Was ist vertretbar? Wo macht eine Institution nicht mehr mit? In diesem Fall geht es auch schlicht darum, ob man es angesichts des Verletzungsrisikos als Institution verantworten kann, eine Boulderstrecke in den Raum zu bauen und dafür zu haften. Die Leipziger Künstlerin und DJ CFM habe ich eingeladen, ihr Projekt "Trotzdem Yeah @Barcelona" zu reinszenieren. Hier kommen 14 Dancefloorabende zur Aufführung, die während des vergangenen Winters als Livestream für zu Hause online abrufbar waren. Die Arbeit ermöglicht es Besucherinnen und Besuchern während der Ausstellungszeit zu tanzen, etwas, das pandemiebedingt in den letzten anderthalb Jahren in Clubs nicht möglich war.

Auch das Café und das Museumsgeschäft Tschau Tschüssi stehen auf der Liste der Beteiligten ...

Klar, wer ins Museum geht, shoppt und trinkt Kaffee. Andere shoppen nur oder haben ein "Appointment " im Café, ohne je in die Ausstellung zu gehen. In beiden Fällen trifft man sich in der Zone Museum und sucht diesen Ort absichtlich auf. In Anlehnung an den "Fun Palace" ist es nur konsequent, den Laden von Miriam Paulsen und das von Markus Dreßen gestaltete Café Kapital mit in die Gesamtfassung zu integrieren. Er hat extra für diese Ausstellung ein neues Banner gehängt, auf dem steht: "max out the limits!" Ein schöner Kommentar und gleichzeitig sein Abschiedsgeschenk an mich.

Neben künstlerischen Arbeiten sind in der Ausstellung Projekte vertreten, die Kunst außerhalb des Museums zugänglich machen. Da ist zum Beispiel das Fine Arts Institute Leipzig, kurz Fail, um den Künstler Manu Washaus, der in der Nähe von Leipzig im Ort Thallwitz seit einigen Jahren verschiedene künstlerische Projekte mit Menschen vor Ort realisiert. Für die offenbar gute Zusammenarbeit steht in der Ausstellung die Fahne aus dem Büro des Bürgermeisters als Leihgabe.

Fail kam 2019 über ein Projekt des Museums der bildenden Künste nach Thallwitz. 2020 haben sie auf den Erfahrungen aufgebaut und unter schwierigen Bedingungen ein Festival auf dem Dorfplatz gestemmt. In der Ausstellung haben sie Teile des Dorfplatzes reinszeniert, zeigen künstlerische Arbeiten, die bisher entstanden sind sowie auf großen Bannern ein Gedicht, dass eine Bewohnerin verfasst hat. Besucherinnen und Besucher können schlechte Ideen notieren und in eine Papphütte werfen. Fail arbeitet im Zusammenhang der Ausstellung auch mit der Jugenstrafvollzugsanstalt in Regis Breitingen und der Freiwilligen Feuerwehr Thallwitz zusammen. Das Ergebnis ist offen. Fail hat das Scheitern, den Fehler als Chance und Motor im Namen.

Dass solche Ideen nicht neu sind, macht in der Ausstellung das Projekt "Host:ed – Ein Dorf als Performanceraum" deutlich. Das Künstlerduo Hoelb/Hoeb aus Wien hat 2008 im Heimatort von Mario Hoeber, in Leitersdorf in der Steiermark, zeitgenössische Kunst unter anderem von Hermann Nitsch, Andy Warhol und Valie Export für eine Woche in die Wohnungen und Läden gebracht.

Mario Hoeber und Barbara Hölbling haben kürzlich in Thallwitz im Rahmen von "Appointment X" darüber berichtet. Viele Gespräche und Unmengen Bürokratie lagen nach einem Jahr Vorlauf hinter ihnen. Die GfZK hat nun ein dialogisches Format einer Art-to-Take konzipiert, in der zunächst bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Arbeiten aus der Sammlung zu Hause einziehen, die anschließend nach Thallwitz wandern. Ein abschließender Austausch beider Gastgebenden baut wiederum neue Dialogebenen und Begegnungen auf, die in "Appointment X" dann auch ihren dokumentarischen Niederschlag finden werden.

Ihre Ausstellung führt die Arbeit verschiedener Vereine und Gruppen quasi zurück ins Museum, sie erfährt dadurch ein neues Framing, eine gewisse Wertschätzung, vielleicht sogar eine Aufwertung?

Absolut! Oft sind das Initiativen, die ehrenamtlich arbeiten und nicht mehr als Social Media als Werbeinstrumente haben. Ihre Arbeit wird für eine breitere Öffentlichkeit nicht sichtbar. Vertreten ist zum Beispiel auch der von der Künstlerin Mandy Gehrt geleitete Kunstverein Kulturbahnhof aus Markkleeberg bei Leipzig. Zusammen mit dem Künstler Rozbeh Amani haben die Mitglieder schon vor vielen Jahren eine mobile Ausstellungsarchitektur konzipiert, die sie jedes Jahr thematisch neu bespielen und dazu Künstlerinnen und Künstler einladen. In diesem Jahr bearbeiten sie in fünftägigen Workshops das Thema "Osten" in Jugendzentren und Schulen. Das mobile Projekt zieht während der Ausstellungsdauer immer wieder zu verschiedenen Stationen aus, kommt zurück und spült die Projektergebnisse in den Ausstellungsraum.

Wäre es nicht im Sinne der Ausstellung gewesen, sie kostenfrei zugänglich zu machen?

So war es geplant und auch beantragt. Leider habe ich viel weniger Förderung erhalten, als ich benötigt hätte, um auch das zu realisieren. Nun bleibt es bei unserem freien Mittwoch, der auch gut in Anspruch genommen wird. Aber klar, ein freier Eintritt wäre absolut spitze gewesen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Sie den Neubau mit einem experimentelleren Ausstellungsformat bespielen. Vor zehn Jahren war die Idee des Puzzles Ausgangspunkt für die gleichnamige Ausstellung. Sie zerschnitten damals den Grundriss des Hauses in zehn verschiedene Raumzonen. Jede Zone widmete sich einem anderen Thema und wurde mit Werken aus der Sammlung bespielt. Sie beschrieben dies als "dynamisches Kuratieren". Was verstehen Sie darunter?

Diese Ausstellung war ein Demokratisierungsprozess des kuratorischen Handelns: Ich lud sehr unterschiedliche Personen, darunter Kinder, Förderkreismitglieder, Vermittlerinnen und die Depotverwalterin ein, sich mit der Sammlung zu befassen. Durch die sich ständig verändernden Nachbarschaften war es eine Ausstellung in Bewegung. Im Verlauf des Jahres entstanden neue Verbindungen und auch Zufälle, die ich nie hätte planen können. Seitdem spreche ich von "Vermittlung als kuratorische Praxis". Im kommenden Jahr bringe ich zu diesem Ansatz zusammen mit Tanja Milewsky und Kristina Brusa ein Buch heraus.

Wie beeinflusst dieses Leitmotiv ihre Herangehensweise an die Vorbereitung einer Ausstellung?

Ich beschreibe meine Arbeit gern in Beispielen: Über viele Jahre habe ich mit der Sachsen Bank zusammengearbeitet. Die hat lange ein Stipendium vergeben, das ich betreute. Ich war oft in der Bank, die auch eine eigene Kunstsammlung besitzt. Die Art, wie sie präsentiert war, hat mich irritiert. Ich habe den Flur der Bank inklusive Strukturtapete, schlechter Beleuchtung und Teppich im Museum nachgebaut und in dieses Display hinein kuratiert. In der Ausstellung „Vor heimischer Kulisse“ habe ich dann ganze Besprechungszimmer nachgebaut, die Pflanzen und die Möbel der Bank zu uns geholt und an den ausgestellten Arbeiten zunächst die Mitarbeiter:innen und deren Funktion und anschließend die Künstler:innen erwähnt. Das Konzept ging auf: Der Vorstand hat in der Ausstellung eine Sitzung abgehalten und die Öffentlichkeit eingeladen, vorbeizukommen. War das nun eine Performance? Oder Real Life? Ich liebe das Spiel mit diesen Ebenen. Der Vorstand hat nicht gespielt, sie haben getagt. Aber sie waren auch Teil der Kunst und haben sich wie zu Hause gefühlt.

Was ist für Sie gute Kunstvermittlung?

Sie ist experimentell. Sie ist grenzenlos. Sie ist künstlerisch. Sie kann alles sein. Für mich beginnt es beim Licht, den Labels, dem Thema, den Texten, dem Raum. Sie übersetzt und stellt Fragen. Sie kann Antworten geben, braucht es aber nicht. Gute Kunstvermittlung nimmt wie eine Amöbe viele Formen an. Das macht sie so spannend und auch absolut vergleichbar mit künstlerischem Handeln und Tun. Gute Kunstvermittlung bindet ein und hört zu.

Mit welchen Vermittlungs-Tools haben Sie über die Jahre gute Erfahrungen gemacht?

Da gibt es viele, angefangen bei Heften, über Fragen in den Ausstellungsräumen, aber auch in den Fluren bis in die Toiletten. Wir haben Besucher:innen Texte zu den Arbeiten schreiben lassen. Ein über alle Zeit funktionierendes Tool entstand im Rahmen der Ausstellung „Der zweite Blick“, die sich mit dem Thema der Rezeption von Kunst als Thema künstlerischer Arbeit befasste. Hierfür haben wir die „Vermittlungscard“ entwickelt. Das war eine Art Scheckkarte, die mit der Eintrittskarte ausgehändigt wurde. Darauf stand zunächst die Info, dass es bereits in der Kunstvereinsbewegung um die Jahrhundertwende Ideen für ein besseres Verständnis von Kunst anhand von Anleitungen gab. Zudem standen darauf verschiedene Fragen: „Was hat das mit mir zu tun? Erinnert mich das an etwas, dass ich schon kenne? In welchem gesellschaftlichen Rahmen ist die Arbeit entstanden? Und: Halten Sie sich vor einer Arbeit mindestens 3 Minuten auf!“ Die Karte ist übertragbar und funktioniert bis heute.

Im Juli haben Sie die GfZK verlassen. Ab September werden Sie ein Referendariat als Gymnasiallehrerin für die Fächer Kunst und Deutsch machen. Sie waren nun über 20 Jahre im Kunstbetrieb tätig, auch am New Museum of Contemporary Art in New York und am Kunstmuseum Wolfsburg. Ist ihre Entscheidung für das Lehramt ihre persönliche konsequente Antwort auf die Frage, wie Kultur für einen größeren Personenkreis zugänglich gemacht werden kann?

Ja, das haben Sie gut zusammengefasst. So ist es. Über die Jahre haben sich meine Handlungsfelder verschoben. Nach dem Studium wollte ich nur ins Museum. Nun gehe ich mit dem 1. Staatsexamen wieder an die Schule. Ich finde die Vorstellung, an junge Menschen weitergeben zu können, was Kunst kann, großartig. Meine eigene Kunstlehrerin hat mich sehr geprägt. Sie hat immer gesagt: Wer spinnt, hat mehr vom Leben!

Werden Sie der Kunst verbunden bleiben?

Klar. Ich kann nicht ohne. Ich bin im kuratorischen Beirat des Leipziger Ausstellungsraumes D21 und Fail hat mich kürzlich zum "Head of Council" gekürt. Im Bauhaus Lab in Dessau bin ich im dritten Jahr unterrichtend tätig und beim Residenzprogramm LIA in Leipzig Gastkritikerin. Ich begleite seit Jahren viele Künstlerinnen und Künstler. Solche Verbindungen brechen nicht einfach ab.

Was geben Sie der Kunstwelt mit auf den Weg? Was sind ihre Wünsche? Was muss sich ändern? 

Oft darf die Kunstvermittlung Brücken bauen und in aufwendigen Projekten Menschen akquirieren. Ich finde das alles sehr gut, denke aber, dass es noch etwas anderes braucht. Ein Umdenken, wie ein Museum noch bespielt werden kann. Meines Erachtens braucht es mehr Experimente und mehr Mut. Das wiederum ist schwierig, da es für Experimente nur wenig Gelder gibt. Gefördert wird, was safe ist. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Die Kulturstiftung des Bundes geht beispielsweise mit dem Lab.Bode gute Wege. Das ist ein Anfang. Ich durfte mit den Volontärinnen und Volontären dieses Programms arbeiten und habe leider wieder bestätigt bekommen, dass das zwar sehr gute Leute sind, die Institutionen, in denen sie arbeiten, jedoch noch Strukturen des letzten Jahrhunderts haben, mit allen Macht- und Hierarchieebenen. Da kann eine einzelne Volontärin nicht gegen an. Mein Credo wäre: Doppelspitzen an die Häuser und eine der beiden mit Vermittlung besetzen.