"Werk ohne Autor"

Israelische Autorin kritisiert Henckel von Donnersmarck scharf

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Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck vor einigen Tagen beim Oscar-Empfang in der Sparte nicht-englischsprachiger Film im Hauptquartier der Academy of Motion Picture Arts and Sciences in Los Angeles

Die israelische Autorin Ayelet Gundar-Goshen wirft Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck Geschichtsfälschung vor

Sein für den Auslands-Oscar nominiertes Künstlerporträt "Werk ohne Autor" hat nach ihrer Überzeugung keinen Preis verdient. In 189 Minuten deutscher Geschichte sei nicht eine einzige über die Verbrechen der Nazis an den Juden zu sehen, kritisiert die in Tel Aviv lebende Schriftstellerin ("Löwen wecken", "Lügnerin") und Drehbuch-Autorin in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". 

"Ein Film, der die Kriegszeit allein unter dem Blickwinkel der Wunde darstellt, die der deutschen Bevölkerung zugefügt wurde, ohne die Wunden zu erwähnen, die die Deutschen anderen Bevölkerungsgruppen zugefügt haben, ist eine Geschichtsfälschung", argumentiert Gundar-Goshen. "Ein junger Deutscher von siebzehn Jahren, der sich 'Werk ohne Autor' ansieht, könnte denken, der Zweite Weltkrieg sei ein Trauma vor allem für das deutsche Volk gewesen." Nicht jeder deutsche Film müsse sich mit dem Holocaust beschäftigen. Ein Filmemacher, der die Handlung in den Zweiten Weltkrieg lege, habe aber eine gewisse historische Verantwortung. 

Ein Werk, das 1789 in Frankreich spiele, aber die Französische Revolution nicht erwähne, zeuge von Dummheit in historischer Hinsicht. "Aber ein Werk, das zum Teil im Deutschland des Zweiten Weltkriegs spielt und den Holocaust nicht erwähnt, ist moralisch defekt." Ihn wegzulassen, sei ein Akt der Verdrängung. "Da wird ein Schlussstrich gezogen, und das hat nicht nur ästhetische Bedeutung - es ist eine ethische Entscheidung."

Donnersmarck hat in "Werk ohne Autor" den fiktiven Künstler Kurt Barnert in den Mittelpunkt gestellt, angelehnt an die Biografie Gerhard Richters. Der 87-jährige Künstler ist inzwischen zu Donnersmarck auf Distanz gegangen und hat den Film als Verzerrung seines Werdegangs kritisiert. Der 45-jährige Regisseur und Drehbuchautor hat bereits vor zwölf Jahren mit seinem Spielfilm "Das Leben der Anderen" einen Auslands-Oscar gewonnen.