Medienschau

In rauen und dünn besiedelten Landschaften

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Die "London Review of Books" über Caspar David Friedrich in der Hamburger Kunsthalle, die "New York Times" über Josephine Baker in der Neuen Nationalgalerie und "54books" über die Krise des Kulturjournalismus: Das ist unsere Presseschau am Freitag

Kulturjournalismus

Die Kritik geht es wieder einmal sehr schlecht. Totgesagt ist sie schon öfter worden, gestorben ist sie nie. Das weiß auch Johannes Franzen, der anlässlich der Einstellung des Musikmagazins "Pitchfork" (empfehlenswert dazu der Nachruf von Daniel Gerhardt in der "Zeit") in einem langen Essay auf "54books" darauf aufmerksam macht, was auf den Spiel steht, wenn es keinen Kulturjournalismus mehr gäbe. "Wenn die Zerstörung der Medien, wo geistreich und mit intellektuellem Anspruch über Bücher, Musik, Kunst, Serien, Film, Theater geschrieben wird, in diesem Tempo weitergeht, wird Kulturjournalismus in wenigen Jahren wieder ein reines Privileg einer Elite von Amateuren sein. Mit jedem kulturjournalistischen Medium, das kaputt gemacht wird, verschwindet auch eine soziale Infrastruktur des Austauschs. Dieser Austausch über ästhetische Erfahrungen, von denen wir irritiert oder hingerissen sind, ist eine wichtige gesellschaftliche Institution und es wäre jetzt der Moment, sich der Zerstörung dieser Institution entgegenzustellen."

Malerei

Der Neffe der verstorbenen Malerin Helen Frankenthaler hat erneut eine Klage gegen die Helen Frankenthaler Foundation eingereicht, berichtet "ArtNews". Er beschuldigt unter anderem seinen Cousin, den Künstler Clifford Ross, er habe Stiftungsgelder verwendet, um seine eigene künstlerische Karriere zu fördern.

Peter Richter schreibt in der "SZ" über Gerhard Richters Wandbild "Lebensfreude" - die Diplomarbeit des jungen Künstlers -, das nun im Dresdner Hygienemuseum teilweise freigelegt wird: "Er malte also unter anderem: heitere, gesunde Menschen bei einem Tanz, der (natürlich nur ein bisschen) an den Reigen von Matisse denken lässt, und er malte heitere, gesunde Menschen bei einem Picknick im Park, das an Manet erinnert. Und wenn die 'Lebensfreude' einst wieder live und in Farbe zu sehen sein wird, kann man davor Kunstgeschichtsseminare abhalten über die verschiedenen Lektionen, die Richter da von den Impressionisten, den Postimpressionisten und sogar von den Kubisten gelernt und verarbeitet hat, obwohl das kunstpolitisch heikel war, wenn das unter das Verdikt des 'Formalismus' fiel... 'Ob das nun gut oder schlecht geworden' sei, schloss Richter seinen Absolventenaufsatz, bleibe dem Betrachter überlassen."

KI

Patrick Wellinski hat den neuen Film von Alexander Kluge gesehen, der Künstliche Intelligenz benutzt und untersucht. Im Deutschlandfunk Kultur berichtet der Kritiker darüber. Außerdem wurde beim Filmfestival in Rotterdam auch darüber diskutiert, wie die KI das Drehbuchschreiben heute schon beeinflusst, indem die KI authentische Milieus erzeugt.

Ausstellung

Emily LaBarge hat sich für die "New York Times" die Josephine-Baker-Schau in der Neuen Nationalgalerie in Berlin anschaut. Ihr Urteil: "In dieser sensiblen Präsentation erscheint Baker als ein vielzackiger Stern, der zugleich individuell und Teil einer größeren Konstellation ist. Mit ihrem kollaborativen Kuratorenteam, der Vielfalt der Medien und der Einbeziehung zeitgenössischer Künstler ist die Ausstellung auch ein kollektives Unternehmen der Neuinterpretation, bei dem die Netzwerke zwischen einzelnen Objekten und Bildern ebenso wichtig sind."

Michael Hofmann bespricht in der "London Review of Books" die große Ausstellung zu Caspar David Friedrich in der Hamburger Kunsthalle - und denkt dabei über "das Deutsche" im Werk des Romantikers nach: "Friedrich hat etwas ganz und gar, unrettbar, unheilbar Deutsches an sich. Er ist durch das Meer und die Berge (die seine beiden großen Themen wurden) gebunden. Nie ging er über Dänemark im Norden (wo er studierte), Polen im Osten (wo er einen adeligen Schüler hatte) und Böhmen im Süden (wo er im Riesengebirge wanderte und skizzierte und sich später in Teplice erholte) hinaus. Zu einer Zeit, als die Reisenden der Grand Tour noch die Vorhänge ihrer Postkutschen vor die schrecklichen Alpen zogen (und Shelley den "Mont Blanc" schrieb), scheint er es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, in rauen und dünn besiedelten Landschaften zu wandern und zu skizzieren, in kleinräumigen Teilen der deutschen Wildnis, im Harz, im Riesengebirge, in der so genannten 'Sächsischen Schweiz'."

Vorbilder

Paul McCartney hat zum 65. Todestag des US-Musikers Buddy Holly dessen Einfluss auf die Entwicklung der Beatles betont. "Buddy Holly war für uns aus einer Reihe von Gründen erstaunlich", zitierte die britische Nachrichtenagentur PA den 81 Jahre alten Ex-Beatle aus vorab verbreiteten Auszügen einer BBC-Radiodokumentation, die am Samstag ausgestrahlt werden soll. Buddy Holly starb am 3. Februar 1959 im US-Bundesstaat Iowa im Alter von nur 22 Jahren bei einem Flugzeugabsturz. Ebenfalls an Bord waren die Musiker Ritchie Valens und The Big Bopper. Alle Insassen kamen ums Leben. Buddy Holly sei auf musikalischer Ebene ein Vorbild gewesen, weil er gesungen und gleichzeitig Gitarre gespielt habe, sagte McCartney. "Elvis hat nur gesungen und Scotty Moore hat Gitarre gespielt." Holly habe aber sogar Solos gespielt. Zudem habe er seine Songs selbst geschrieben. "Also das war eine all-inclusive Ein-Mann-Band und wir fanden das großartig. Wir dachten: Das ist, was wir machen müssen." Der US-Star soll aber auch modisch Maßstäbe gesetzt haben. John Lennon habe damals eine Hornbrille gehabt, die er jedes Mal abgenommen habe, wenn ein Mädchen in seine Nähe kam, erzählte McCartney. Das habe sich geändert, als Buddy Holly begann, eine ähnliche Brille zu tragen. "Ich sagte, du siehst ziemlich gut aus, die Brille ist gut, nein, aber als Buddy Holly damit ankam, blieb die Brille an", so der Ex-Beatle weiter. Die Radiodoku aus der Reihe "Listen To Me" von BBC-Moderatorenlegende Bob Harris mit Clips aus dem BBC-Archiv sowie Zitaten weiterer Stars wie Rolling-Stones-Gitarrist Keith Richards soll nach der Ausstrahlung auf der Audiothek "BBC Sounds" abrufbar sein.