Porträt
Anlässlich Ai Weiweis bisher größten Ausstellung in den USA, die morgen in Seattle eröffnet, besuchte das "T Magazine" der "New York Times" den Künstler in seinem unterirdischen Studio in Berlin. Obwohl Ai sagt, dass für ihn das "Konzept eines Zuhauses" nie wirklich präsent war, lebt und arbeitet der Künstler zwischen seinen vielen Reisen in Portugal. Und tatsächlich immer noch in der deutschen Hauptstadt. Auf fast 3000 Quadratmetern im Pfefferberg im Stadtteil Prenzlauer Berg finden sich viele der Elemente vergangener Projekte, wie zum Beispiel die Stahlstäbe, die 2008 während eines Erdbebens in der chinesischen Provinz Sichuan beschädigt wurden. Ai und sein Team bogen diese wieder gerade und präsentierten sie in großen Anhäufungen, um auf die Korruption in der chinesischen Baubranche und die mangelhafte Aufarbeitung des Unglücks aufmerksam zu machen. Ebenfalls in Berlin gelagert sind die von Flüchtlingen auf ihrem Weg nach Europa zurückgelassenen Schwimmwesten, die der Künstler 2016 am Konzerthaus der Stadt anbrachte. Ein Fragenkatalog, den das "T Magazine" regelmäßig an verschiedene Künstler und Künstlerinnen stellt, gibt Einblick in den Alltag von Ai.
Kunstgeschichte
In der "Berliner Zeitung" erzählt Maritta Adam-Tkalec die Geschichte eines monumentalen Glasfrieses mit Szenen aus Joachim Ringelnatz' "Kuddeldaddeldu"-Geschichten, der von den Künstlern Hans Vent, Dieter Gantz und Rolf Lindemann geschaffen wurde und bis 1991 die Fassade des Ostberliner Restaurants Gastmahl des Meeres zierte (heute ironischerweise eine Filiale der Fischrestaurantkette Nordsee). Mit dem Ende der DDR verschwand das Kunstwerk, wurde abgetragen, aber von dem Musiker Arnim Henke für 100.000 DDR-Mark aufgekauft und eingelagert. Das Landesdenkmalamt hat Interesse an einer Restaurierung und möglichen Ausstellung gezeigt, doch die Finanzierung ist noch nicht gesichert. Henke hofft, dass das Glasfries während seiner Lebenszeit noch an einen geeigneten Ort zurückkehrt: "Arnim Henke hat Nordsee vor Jahren angeschrieben. Die Antwort lautete 'nicht interessiert'. Das glaubt man sofort, wenn man sich mal wieder in die Corporate Identity des Nullachtfünfzehn-Interieurs mit Bestellautomat und Selbstbedienung verlaufen hat. Die Hoffnung ruht nun eher auf dem DDR-Museum, das sich auf einer nahe gelegenen Fläche am Stadtbahnviadukt erweitern wird und vor kurzem in Marzahn eine Halle errichtet hat, die auch als Schaudepot dienen könnte. Ein Bild am Museum und der Rest im Schaudepot, so die Idee. Arnim Henke, inzwischen 85 Jahre alt, gibt die Hoffnung nicht auf: 'Ich will noch zu Lebzeiten sehen, dass Kuddeldaddeldu wieder nach Hause kommt.'"
Die schwedische Künstlerin Hilma af Klint (1862-1944) ist in den letzten Jahren als eine der Vorreiterinnen westlicher Abstraktion gewürdigt worden. Doch nun könnte ein Teil des Nachlasses bald verschwinden, wie die schwedische Zeitung "Dagens Nyheter" berichtet. Seit zwei Jahren ist Erik af Klint Vorsitzender der Hilma af Klint Foundation, die über 1300 Gemälde verwaltet. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern plant er, die Statuten der Stiftung wörtlich auszulegen. Diese schreiben vor, die Werke der Künstlerin denen zugänglich zu machen, "die spirituelles Wissen suchen". "Wenn Religion im Museum landet, ist sie tot", sagt Erik af Klint. Sollte er seinen Willen durchsetzen, könnte dies das Ende von Ausstellungen zur Künstlerin bedeuten. Für die deutsche Kuratorin und Autorin einer Hilma-af-Klint-Biografie Julia Voss wäre dies "ein unvorstellbarer Verlust". Sie fragt sich, wer denn schlüssig beurteilen könnte, ob eine Person ein angebrachtes spirituelles Interesse hätte und denkt nicht, dass es "das ist, was Hilma gewollt hätte". Da andere Vorstandmitglieder Erik af Klints Meinung nicht teilen, streitet man nun vor einem Stockholmer Gericht. Die juristische Auseinandersetzung sei "der Beginn einer letzten Schlacht", die entweder mit seinem Rücktritt oder dem der anderen Vorstandsmitglieder enden wird, sagt Erik af Klint.
Museen
Vandalismus im EMST: Ein griechischer Abgeordneter wurde am Montag verhaftet, nachdem er während eines Besuches des Nationalmuseums für Zeitgenössische Kunst (EMST) in Athen eine Schutzscheibe zerbrach und versuchte, zwei Gemälde zu entfernen. Dies berichtet die französische Zeitung "Le Figaro". Das Mitglied der rechtsextremen Niki-Partei hatte es auf Werke des griechischen Malers Christoforos Katsadiotis abgesehen, die nach seiner Aussage "die Religion beleidigten". Er verteidigte sein Handeln in den sozialen Netzwerken und habe laut lokalen Medien schon einen Brief mit der Forderung, die Werke zu entfernen, an die Museumsleitung geschickt, sowie die Kulturministerin Lina Mendoni zu der Angelegenheit befragt. Diese betonte, dass ihr Ministerium "das kulturelle und künstlerische Erbe des Landes als Ganzes schütze" und es "niemals Zensurakte begehen würde". Der Künstler betonte, er habe das Recht auf Meinungsfreiheit und Fragen zu stellen, beispielsweise über einen Krieg, der im Namen Gottes geführt wird. Die Niki-Partei, der der Abgeordnete angehört, steht ultraorthodoxen religiösen Kreisen nahe und stellte sich letztes Jahr gegen die Ehe für alle, sowie ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare.
Das besondere Kunstwerk
Die Kettensäge erlebt gerade dank des argentinischen Präsidenten Javier Milei ein Revival als Brachialmetapher, in diesem Fall für die Beschneidung des Staatsapparates. Auch Elon Musk fuchtelte neulich mit schwerem Gerät auf einer Bühne herum und brüllte dabei "CHAAAAINSAAAW". "Bloomberg" stellt den argentinischen Mechaniker Mariano "Tute" Di Tella vor, der die Motorsägen von Milet und Musk veredelte. "An seinem gläsernen Esstisch bereitet Di Tella nun sein nächstes Projekt vor: eine Kettensäge für Donald Trump. Mileis Pressesprecher Manuel Adorni habe ihn gebeten, eine für Trump zu bauen, was normalerweise sechs Wochen dauert. Musks Kettensäge habe er jedoch in 20 Tagen zusammengebaut - und Viva La Libertad Carajo! (Lang lebe die Freiheit, verdammt noch mal!) mit einem Laser in das Aluminium der Säge gebrannt." Er sei ein Künstler, kein Politiker, meint Di Tella. "Ich bin ein normaler Bürger, der die Nase voll hat, wütend und überfordert ist. Während der Kampagne von Milei sah ich ihn euphorisch, wütend, wirklich genervt und ich habe mich in ihm wiedergefunden. Ich habe es geliebt."

Tech-Oligarch Elon Musk hält auf der Conservative Political Action Conference in Oxon Hill eine Kettensäge hoch, die er vom argentinischen Präsidenten Javier Milei (r) erhalten hat