Medienschau

"Vor allem wollen sie davon Bilder für Instagram erzeugen"

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Wie ticken die Aktivisten vom Hamburger Bahnhof? Wer bezahlte Unsummen für die Malerei von Hunter Biden? Was ist die Kunstsammlung von Donald Trump wert?


Debatte

Wie bekämpft man Antisemitismus im Bereich der Kunst? Sind diesbezügliche Klauseln und Bekenntniszwang hinderlich? Was kann und sollte man in Deutschland erwarten? Findet eine Täter-Opfer-Umkehr statt? Wie schlägt sich die Diskussion auf der Berlinale, den 74. Internationalen Filmfestspielen, nieder? Darüber diskutiert Moderator Michael Köhler mit Monopol-Chefredakteurin Elke Buhr, Filmkritiker Rüdiger Suchsland und Mirjam Wenzel, Direktorin Jüdisches Museum Frankfurt am Main, in der Sendung "SWR2 Forum"


Jürgen Kaube regt sich in der "FAZ" immer noch über die Störer im Hamburger Bahnhof auf: "Sie folgen der Logik der Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit. Sie wollen nur schreien, stören, ihrer Selbstgewissheit im Urteil über Gut (sie selbst) und Böse (alle anderen) aggressiven Ausdruck verleihen. Man könnte auch von Hass sprechen. Vor allem wollen sie davon Bilder für Instagram erzeugen, die sie anschließend als Beleg ihrer politischen Aktivität genießen können. Da zählen Argumente nicht und also auch nicht Diskussionen, da zählt es nicht, was jemand denkt, gesagt hat oder ist. Da zählt auch kein Wissen über den Zionismus, die Hamas oder Hannah Arendt. Es reicht für diese dummen Leute, einem Jüdischen Museum vorzustehen, um als Jüdin, Unterstützerin der israelischen Regierung und ihres Vorgehens im Gazastreifen zu gelten. Wer nicht für uns ist, sagen sie, dem gehört der Mund verboten. Man kann nur hoffen, dass diese Einstellung nie politische Macht erlangt."
 

In der Schweiz ist eine Diskussion um eine Ausstellung von Tracey Rose im Kunstmuseum Bern entbrannt, weil die südafrikanische Künstlerin 2021 einen Protestbrief unterzeichnet hat, in dem Israel als "Kolonialmacht" und "Apartheidstaat" bezeichnet wird. "Nach unserer Einschätzung wird die Rassismus-Strafnorm der Schweiz nicht verletzt, deshalb war die Absage der Ausstellung bisher kein Thema für uns", sagt Museumsdirektorin Nina Zimmer im SRF. Das Museum wolle aber nicht einfach weitermachen wie geplant. Man setzt in Bern auf Kontextualisierung und Debatte.


Kunstmarkt

Hannes Stein schreibt in der "Welt" über die Kunst des Präsidentensohns und Hobbymalers Hunter Biden, die Gegenstand einer komplizierten jahrelangen Auseinandersetzung (und von endlosen Verschwörungsmythen) ist und die sogar den US-Kongress beschäftigte: "Letztlich bleibt wohl der Vorwurf, dass Leute, die Hunter Biden mochten, Unsinnspreise für seine Bilder bezahlt haben. Und man darf sich auch weiter fragen: Zu welchem Zweck dieser Handel vollzogen wurde. Niemand verschwendet freiwillig so hohe Summen – zu dieser Erkenntnis musste man in den vergangenen Jahrzehnten, seitdem der Kunstmarkt mehr Aktienhandel als Kunstmetier ist, immer wieder kommen."

Stefan Koldehoff hat sich für den Deutschlandfunk die Kunstsammlung von Donald Trump angeschaut, denn der braucht nach einem jüngsten Gerichtsurteil eine Menge Geld, das er vielleicht mit dem Verkauf der Sammlung schöpfen könnte. Doch viel ist da offenbar nicht zu holen, berichtet Koldehoff. 

Porträt

Die "New York Times" stellt Zoya Cherkassky vor, deren Zeichnungsserie "7 October 2023" jetzt im New Yorker Jewish Museum ausgestellt ist. Die Künstlerin wurde 1976 in Kiew geboren und siedelte 1991, zwei Wochen vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion, mit ihrer Familie nach Israel über. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Tel Aviv. In ihrer Malerei mischt sie oft Anleihen an den sozialistischen Realismus ihrer Kindheit mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen. Bereits den Krieg in der Ukraine hat sie mit ihrer Malerei begleitet. Mit den Bildern, die sie seit den Attacken der Hamas auf Israel am 7. Oktober auf ihrem Instagram-Kanal veröffentlicht hat, hat sie viele Menschen in Israel und anderswo tief berührt. Doch in den Redaktionen auf die Bilder zeige sich der Riss durch die Kunstwelt, schreibt Marc Tracy in der "NYT": "Diese Gegensätze wurden bei einem Gespräch deutlich, das das Jüdische Museum in diesem Monat zwischen Cherkassky und James S. Snyder, dem Direktor des Museums, führte. Etwa ein Dutzend der Anwesenden sorgte für überraschende Unterbrechungen während des Gesprächs. Sie beschuldigten das Museum, 'Zustimmung zum Völkermord zu produzieren' und forderten die Teilnehmer auf, 'sich der Realität der anhaltenden Belagerung des Gazastreifens zu stellen'. Die Demonstranten sagten auch, dass das Jüdische Museum, indem es Cherkasskys Ausstellung zeigte, sich entschieden habe, 'imperiale Propaganda zu verbreiten und sich an der gewaltsamen Auslöschung der Palästinenser zu beteiligen', so die Gruppe Writers Against the War on Gaza." Ein Monopol-Interview mit der Künstlerin lesen Sie hier

Der britische Schriftsteller Hanif Kureishi lebt seit mehr als einem Jahr mit einer Lähmung. Mit dem "Telegraph" hat er über sein Leben nach einem verheerenden Sturz gesprochen. "Es ist ein Glück, dass das Schlimmste vorbei ist. Ich muss mich einfach daran gewöhnen, dass ich nun ein behinderter Mensch bin.". Die Verluste seien furchtbar. Kureishi war für das Drehbuch zu "Mein wunderbarer Waschsalon" für einen Oscar nominiert und schrieb zum Beispiel "Der Buddha aus der Vorstadt". "Wenn ich mich wieder stärker fühle, würde es mich interessieren, Autoren mit Behinderung zu helfen", sagte er. Man höre nur selten, dass Menschen über Schriftsteller mit Behinderung redeten. Kureishi erzählte von dem Sturz vor mehr als einem Jahr. Er sei bei seiner Partnerin in Italien gewesen und habe sich plötzlich unwohl gefühlt. Er habe seinen Kopf zwischen seine Beine getan und sei ohnmächtig geworden. Er sei anscheinend aufgestanden, ein paar Schritte gegangen und auf sein Gesicht gefallen. "Ich lag auf dem Boden in einer Blutlache, gelähmt. Ich dachte: 'Mir bleiben noch vier oder fünf Atemzüge. Es ist vorbei für mich.'" Heute fühle er sich stärker in seinen Schultern, Armen und Beinen. "Aber ich kann nichts greifen. Ich kann nichts halten. Ich kann meine Finger nicht bewegen." Die Ärzte würden keine Vorhersagen treffen, sagten aber, dass man mit Übungen Fortschritte machen könne. Damals sei nicht seine Vergangenheit vor dem inneren Auge an ihm vorbeigerauscht, sondern seine Zukunft. All die Dinge, die er nicht mehr hätte machen können. "Nach Bali reisen, oder eine Fernsehserie schreiben oder Freunde sehen", sagte Kureishi. Er habe ein ungeheures Gefühl des Verlusts empfunden. Der Autor hat über seine Erfahrungen auch online geschrieben ("The Kureishi Chronicles").