Medienschau

"In der warmen Brühe der Begriffe"

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Ein neues Gutachten zu einem Antisemitismusgesetz, Ausstellungen zum Mythos der Solidarität in der DDR und ein Streit um Kunst nur für Frauen: Das ist unsere Presseschau am Donnerstag

Debatte

Der Berliner Rechtswissenschaftler Christoph Möllers hat ein Gutachten zur "Zulässigkeit von präventiven Maßnahmen der Bekämpfung von Antisemitismus und Rassismus in der staatlichen Kulturförderung" erarbeitet. Das von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) in Auftrag gegebene Gutachten kommentiert Marcus Woeller in der "Welt": "Dieses Gutachten löst für Claudia Roth die Probleme nicht, und ebenso wenig für die Landesminister. Ein gesetzlich verankertes Kunstrichtertum kann niemand wollen. Mit Gesetzen, Verwaltungsvorschriften, Klauseln wird dem Kulturbetrieb der inhärente Antisemitismus nicht ausgetrieben werden können. Der Entzug von Fördergeldern ist ein Druckmittel, dass Roth bislang gescheut hat. Die Herausforderungen beginnen also jetzt erst."

Ausstellungen

Peter Richter beginnt in der "SZ" seine Besprechung zweier Ausstellungen zum Mythos der internationale Solidarität in der DDR ("Revolutionary Romances?" im Albertina Dresden und "Echos der Brüderländer" am HKW) mit einer persönlichen Anekdote, wie er 1990 vietnamesischen Vertragsarbeitern in Dresden einen Besuch im Arbeiterwohnheim abstattete: "Die Verständigung war schwierig, der Reis irgendwann verspeist, und mehr, als sich mit aufmunterndem Lächeln viel Glück für die Zukunft zu wünschen, konnte man eigentlich nicht tun. Denn diese Zukunft sah mit dem Ende der DDR auch das Ende der Arbeitsabkommen vor, den Rausschmiss aus den Betrieben, die meist eh dichtgemacht wurden, aber auch den Rausschmiss aus dem Land." Auch wenn Richter die Thematisierung des Themas in den Ausstellungshäusern begrüßt, hätte er sich zumindest vom HKW einen nüchterneren Blick gewünscht: "Gerade unter marxistischem Blickwinkel wären hier Details zu Außenhandelsverträgen, Rohstoffen und Waffenlieferungen vielsagend, um die Idealisierung von Solidargemeinschaften im Osten kritisch als Ausdruck ökonomischen Mangels zu dekonstruieren. Aber das Haus der Kulturen der Welt gibt sich neuerdings strikt antiintellektualistisch und badet lieber selbst in der warmen Brühe der Begriffe."

Kunstmarkt

"Guardian"-Kritiker Jonathan Jones ist durch mit Damien Hirst, der er doch einmal so bewundert hatte. Vor ein paar Tagen war bekannt geworden, dass der britische Künstler einige seiner neueren Formaldehyd-Werke auf die 90er-Jahre zurückdatiert hat. "Jetzt hat er nicht nur Fragen zu den Ursprüngen seines Backkatalogs aufgeworfen, sondern auch jeden Glauben zerstört, an den wir uns in Bezug auf seine kreative Zukunft klammern könnten. Sein Schaffen von Skulpturen, die auf seine jüngeren, besseren Tage zurückgehen, offenbart einen Künstler, der so bequem gefühllos ist, dass er philosophisch über seinen eigenen kreativen Tod meditieren kann. Was war damals so anders an mir?' ... Aber man kann niemals zurückgehen. Auf diese Weise hat der talentlose ältere Hirst auf seine Jugend gepisst."

Nachruf

Simon Strauss schreibt in der "FAZ" zum Tod der Hamburger Künstlerin, Sammlerin und Mäzenin Erika Hegewisch und über ihre Radierungen: "Was leicht auch albtraumhaft wirken könnte, wird bei Erika Hegewisch zum Emblem einer gelassenen Zuversicht gewendet. Es sind keine Heiligenscheine, die sie auf ihren Bildern erschafft, aber etwas Heiliges haben ihre weich schimmernden Szenen doch."

Museen

Dem Museum of New and Old Art (MONA) in Hobart, der Hauptstadt des australischen Bundesstaates Tasmanien, sieht sich mit einer ungewöhnlichen Klage konfrontiert: Ein Besucher beschwerte sich, dass ein Kunstwerk gegen das Diskriminierungsgesetz verstoße. Natasha Frost berichtet für die "New York Times": "Die Ladies Lounge - plüschige grüne Vorhänge, üppiges Ambiente, Originalwerke von Picasso und Sidney Nolan - ist eine Installation der amerikanischen Künstlerin und Kuratorin Kirsha Kaechele. Sie wird im Dezember 2020 eröffnet und ist laut MONA-Website für 'alle Damen' zugänglich - und für genau null Männer, abgesehen von den fürsorglichen Butlern, die sich um die Frauen kümmern. Wie andere Männer durfte auch Jason Lau die Installation nicht betreten, als er das Museum im April 2023 besuchte. Herr Lau reichte eine Beschwerde beim Antidiskriminierungsbeauftragten von Tasmanien ein und behauptete, er sei aufgrund seines Geschlechts diskriminiert worden." Während der Anhörung blätterte man durch feministische Texte. Auf die Beschwerde von  Lau  reagierte Kaechele mit einem Kommentar: "Nun, Sie haben das Kunstwerk erlebt, denn der Ausschluss von Männern ist das Kunstwerk." 

Fotografie

Die Bezirksregierung Köln hat historische Luftbilder aus Nordrhein-Westfalen online zugänglich gemacht - im Internet kann man so den Wandel des Landes über Jahrzehnte aus der Vogelperspektive nachvollziehen. Wie die Behörde am Donnerstag mitteilte, wurde dafür ein entsprechender Online-Dienst aktualisiert. Er umfasse nun Luftbildinformationen seit den 1950er-Jahren. Luftbilder des Landes aus den Jahrgängen ab 1988 seien schon seit 2016 online gewesen. "Die Luftbildinformationen aller vorhandenen Jahrgänge können intuitiv mit einem Zeitschieber auf einem Zeitstrahl nacheinander betrachtet werden", erläuterte der Kölner Regierungspräsident Thomas Wilk. Die Abteilung "Geobasis NRW" der Kölner Bezirksregierung ist gesetzlich damit beauftragt, sogenannte Geobasisinformationen über Nordrhein-Westfalen zu erheben und für öffentliche und private Stellen bereitzustellen. Nach Angaben der Behörde scannten die Experten aufwendig historische Negativfilme, um sie für die Veröffentlichung vorzubereiten.

Film

Die "Alien"-Filmreihe bekommt sieben Jahre nach ihrer letzten Ausgabe Zuwachs - und der wird wohl besonders blutig. Darauf lässt zumindest der Trailer zum Film "Alien: Romulus" schließen, den die Produktionsgesellschaft 20th Century Studios am Mittwoch auf Youtube veröffentlicht hat. Die gezeigten Szenen im etwa einminütigen Trailer zeugen eher von einem Horrorstreifen als von einem Science-Fiction-Actionfilm. "Romulus" handelt laut der Produktionsgesellschaft von einer Gruppe junger Leute, die eine scheinbar verlassene Forschungsstation plündern möchte. Dort begegnen sie jedoch ihrem außerirdischen Albtraum. Beim siebten Film der "Alien"-Reihe ist erstmals Fede Álvarez Regisseur, der bereits für seinen Horrorfilm "Evil Dead" von 2013 bekannt ist. Nach den schwachen Kritiken für den letzten Teil der US-amerikanischen "Alien"-Reihe soll der neue Film nun die Fans wieder begeistern. Er soll am 16. August in die Kinos kommen.