Welche Oper? Das Sydney Modern
Wer an Kulturbauten in der australischen Metropole Sydney denkt, landet meist beim berühmten Opernhaus mit seinen weißen Segeln. Wenn es nach der Art Gallery of New South Wales geht, soll sich das bald ändern. Denn mit der "Sydney Modern" genannten Erweiterung hat sich das Museum einen 344 Millionen australische Dollar teuren Gebäudekomplex mit Wahrzeichen-Anspruch gegönnt. Obwohl in der Kunstwelt seit einiger Zeit eifrig über den Sinn von immer mehr Gigakunsthäusern diskutiert wird, setzt Sydney nun auf 5000 Quadratmeter mehr Ausstellungsfläche und markante Architektur.
Der luftig verglaste, terrassierte Entwurf des japanischen Büros Sanaa führt in einen öffentlich zugänglichen Kunstgarten, vor dem Eingang grüßt eine riesige Punkte-Blume von Yayoi Kusama. Außerdem kann das Publikum künftig in die unterirdischen "Tanks" hinabsteigen, in denen im Zweiten Weltkrieg riesige Mengen Treibstoff für Schiffe aufbewahrt wurden. Mit der Yiribana Gallery, die Werken von Aborigines und Torres Strait Islanders gewidmet ist, sucht das Sydney Modern einen neuen Umgang mit indigener Kunst.
Nachhaltig will es auch noch sein (obwohl sich viele Architekten inzwischen einig sind, dass keine Neubauten die besten Bauten sind). Als erstes öffentliches Kunstmuseum des Kontinents erhielt das Haus mit sechs Sternen die Höchstzahl vom Green Building Council of Australia.
DDR-Ikone wird Kunsthaus: Das Minsk in Potsdam
DDR-Kunst im ehemaligen Terrassenrestaurant: Nach zwei Jahren Umbauzeit ist Ende September das neue Kunsthaus "Das Minsk" von der Stiftung des Kunstmäzens und Unternehmers Hasso Plattner eröffnet worden. Werke aus der ehemaligen DDR, die Teil der Kunstsammlung Hasso Plattner sind, werden dort ebenso gezeigt wie Gegenwartskunst. Bis Mitte Dezember kamen 31.000 Besucherinnen und Besucher.
Das Ausstellungsgebäude war in den 70er-Jahren erbaut worden und in der DDR als Gaststätte Minsk ein beliebtes Ausflugsziel in Potsdam. Noch in der Bundesrepublik wurde dort einige Jahre ein Restaurant betrieben. Danach verfiel das Haus zunehmend. 2019 erwarb Plattners Stiftung den Bau, um ihn zu sanieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Das Publikum kann dort noch bis Mitte Januar unter anderem Ausstellungen von Wolfgang Mattheuer mit dem Titel "Der Nachbar, der will fliegen" und "Potsdamer Schrebergärten" von Stan Douglas sehen - sie sollen das Thema Landschaft aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten.
Im Norden was Neues: Das Nationalmuseum in Oslo
Selbst die Wände der Toiletten sind mit Marmor verkleidet. Das neue Nationalmuseum für Kunst, Architektur und Design am Hafen von Oslo ist kein gläserner, skulpturaler Neubau. Breit und schwer, wie eine Festung – sagen manche – thront es halb versteckt hinter dem Nobel-Friedenszentrum. "Ein Gebäude, das viele hundert Jahre überdauern kann", meint der deutsche Architekt Klaus Schuwerk vom Architektenbüro kleihues + schuwerk. Am 11. Juni wurde es eröffnet.
Schon in der Eingangshalle spürt man, dass es hier nicht um Effekthascherei, sondern um solide Qualität geht: Der Boden ist mit Krensheimer Muschelkalk ausgelegt, die Wände sind mit vertikal geschnittenem Schiefer und dunklen Eichenpaneelen verkleidet. "Ein Gebäude sollte für immer reparierbar sein", sagt Architekt Schuwerk. Die Materialien sollten das Recht haben, in Würde zu altern. Der norwegische Staat hat sich das umgerechnet rund 600 Millionen Euro kosten lassen.
Die 6500 Werke, die im neuen Nationalmuseum ausgestellt sind, haben damit eine würdige Kulisse bekommen. Die Sammlungen von fünf Osloer Institutionen – Nationalgalerie, Kunstindustriemuseum, Museum für zeitgenössische Kunst, Architekturmuseum und Reichsausstellungen – sind nun erstmals unter einem Dach gebündelt. Insgesamt umfasst das Inventar 400.000 Gegenstände. Norwegens Nationalschatz auf 55.000 Quadratmetern.
Die Sammlungen sind so vielfältig, dass sie an einem Tag nicht zu schaffen sind: In den 86 Räumen finden sich nicht nur Gemälde aller Epochen, sondern auch chinesische Vasen der Ming-Dynastie, antike Büsten römischer Herrscher, die Garderobe der norwegischen Königinnen Maud und Sonja und Skulpturen des Bildhauers Gustav Vigeland. Wie in alten Schlössern, die heute als Museen fungieren, sind die Säle aneinandergereiht.
Dem Maler Edvard Munch ist ein eigener Raum gewidmet, in dem 18 seiner Bilder ausgestellt sind, darunter eine Ausgabe des berühmten "Schrei". Insgesamt verfügt das Museum über 57 seiner Werke. Die Farben der Wände sind den Malereien angepasst.
Auch zeitgenössische Künstler haben ihren Platz. In der Eingangshalle hängt ein Vorhang aus 200 Schädeln von Rentieren. Alle haben ein Einschussloch, denn die Rentiere starben nicht eines natürlichen Todes, sie wurden erschossen. Das Werk der samischen Künstlerin Máret Ánne Sara ist ein Protest gegen die 2013 von der norwegischen Regierung angeordnete Zwangstötung von Rentieren, um die Bestände zu begrenzen. 2017 stellte sie ihr Werk auf der Documenta in Kassel aus.
Auch in der Lichthalle, die dem steinernen Gebäude aufgesetzt ist, wird Zeitgenössisches gezeigt. Gerade ist darin eine verspielte Ausstellung der Künstlerin Laure Prouvost zu sehen. Die Halle, die Schuwerk Alabasterhalle nennt, ist das i-Tüpfelchen des massiven Museumsbaus. Ihre sieben Meter hohen Wände sind aus Glas und Marmor, der so dünn geschnitten ist, dass er das Licht durchlässt. Hier werden Wechselausstellungen präsentiert, was für die Kuratoren eine Herausforderung darstellt, denn in die Wände kann man keine Nägel schlagen. So hängen viele Werke von der Decke und schweben im Raum.
Von der Halle aus führt eine Tür auf die Dachterrasse, von der man einen wunderbaren Blick auf die Nachbarn hat: das rote Rathaus der Stadt, das Nobel-Friedenszentrum, die mittelalterliche Festung Akershus in der Ferne und den Oslofjord.
Das Nationalmuseum ist der dritte Kulturbau, der in den vegangenen zwei Jahren in Oslo eröffnet wurde. Neben der spektakulären Oper entstand 2020 eine neue Stadtbibliothek, die Deichman Bibliothek. Außerdem wurde im vergangenen Jahr ein neues Munch-Museum eröffnet. "Oslo und Norwegen präsentieren sich als eine neue Kunst -und Kulturdestination", meint Museumsdirektorin Hindsbø. "Die Augen der Welt sind jetzt auf uns gerichtet."
Wieder da: Königliches Museum für Schöne Künste in Antwerpen
Elf Jahre lag das Königliche Museum für Schöne Künste in Antwerpen (KMSKA) im Dornröschenschlaf. Zumindest äußerlich, denn im Inneren wurde umfassend renoviert, restauriert und umgestaltet. Nun hat das renommierte flämische Haus wieder für Publikum geöffnet, mit 40 Prozent mehr Ausstellungsfläche und einer neuen, luftigeren Innenarchitektur für die Exponate aus sieben Jahrhunderten. Das KMSKA ist für seine barocken Meisterwerke bekannt, beispielsweise von Peter Paul Rubens. Aber auch die belgische Moderne ist mit dem Surrealisten René Magritte prominent vertreten. Außerdem beherbergt das Museum die weltgrößte Sammlung von Werken des Malers James Ensor.
Neue Museums-WG in Lausanne: Mudac und Photo Elysée
Lausanne hat einen neuen Kunstmittelpunkt. Ein markantes Museumsgebäude aus Sichtbeton beherbergt seit dem Sommer gleich zwei wichtige Schweizer Institutionen: das Kantonale Museum für Design und angewandte zeitgenössische Kunst (Mudac) und das Kantonale Museum für Fotografie (Photo Elysée).
Der quadratische Museumskomplex, der von den portugiesischen Architekten Francisco und Manuel Aires Mateus entworfen wurde, sorgt für Aufsehen. Ein Forum, das nach allen vier Seiten geöffnet ist, bildet die Eingangshalle. Dort befinden sich ein Restaurant und eine Buchhandlung, die sich die beiden Museen teilen.
Eine zentrale Treppe führt zu den Ausstellungsräumen des Photo Elysée im Erdgeschoss und zum Mudac im ersten Obergeschoss. Die Ausstellungsräume sind modular angelegt und ermöglichen es, die Präsentation der Sammlungen sowie die Szenografie der Wechselausstellungen flexibel zu gestalten. Über fast 1500 Quadratmeter Fläche zum Kunstzeigen verfügt das Museum nun, wie das Mudac erklärt. Der Kulturvermittlungsraum im Zentrum ist außerdem 89 Quadratmeter groß.
Eingebettet ist der neue Bau in das Kunstquartier Plateforme 10. Zu diesem gehört neben Mudac und Photo Élysée unter anderem auch das Kantonale Kunstmuseum (MCBA), dessen Bau im Jahr 2019 eröffnet worden war. Die Museen machen in vielen Belangen gemeinsame Sache: Sogibt es ein Ticket für das gesamte Angebot der drei Institutionen, das drei Monate gilt und übertragbar ist.
Flausch: Shoplifters eigenes Museum in Reykjavik
Von der kuscheligen Kunsthaar-Installation "Chromo Sapiens" der isländischen Künstlerin Shoplifter hat man lange etwas. Zuverlässig setzen sich ein paar Flusen im Hals fest, und auch Seh- und Tastsinn werden von diesem neonfarbenen Ungetüm nachhaltig stimuliert. Nun hat das Werk, das erstmals 2019 im isländischen Pavillon auf der Venedig-Biennale gezeigt wurde, sogar ein eigenes Ausstellungshaus. Im Januar 2022 eröffnete nahe Reykjavik das Kunstzentrum Höfuðstöðin (sprich Hö-vü-stö-sin), das Hrafnhildur Arnardóttir alias Shoplifter durch eine Crowdfunding-Kampagne finanziert hat. Die isländische Hauptstadt ist also um eine überaus Social-Media-taugliche Attraktion reicher. Und Streicheln ist bei "Chromo Sapiens" ausdrücklich erlaubt.