Fotos von Fluxus-Performances in Stuttgart

Nichts ist banal

Alltag ist Kunst – solange man ihn dazu macht. Dokumentationen von Performances rund um die Fluxus-Pionierin Alison Knowles sind jetzt in Stuttgart zu sehen. Dabei wird es mitunter gefährlich

Das ist kein normaler Friseurbesuch. Es ist eine Performance, die ein blutiges Ende durchaus miteinpreist. Die Fluxus-Pionierin Alison Knowles und ihr Künstler-Kollege und späterer Ehemann Dick Higgins stellten die Aktion 1962 bei den "Fluxus Internationalen Festspielen Neuer Musik" in Wiesbaden vor. Die Performance ist Teil der Serie "Danger Music", die Higgins verfasst hat und deren oberstes Ziel ist, den Performer in konkrete, physische Gefahr zu bringen.

Die Ausstellung "Alison Knowles Sound and Space" in der Staatsgalerie Stuttgart zeigt anlässlich des 90. Geburtstags der Künstlerin 100 Fotografien über die Aktionskunst der Fluxus-Bewegung. Knowles und Higgins zählen zu den Gründungsmitgliedern von Fluxus. Neben Performances erschuf Knowles auch Hörspiele und stellte 1983 auf der Kunstbiennale von Venedig aus. Heute lebt sie in New York. In der Stuttgarter Ausstellung geht es vor allem um das Medium der Fotografie, das die verschiedenen Aktionen von Fluxus in Deutschland, Europa und den USA reflektiert und mitgestaltet.

Knowles und andere Fluxus-Künstlerinnen und Künstler bewegten sich in einer ständigen experimentellen Grenzerweiterung zwischen Kunst und Alltag. Alltagsgegenstände und -Abläufe wurden radikal infrage gestellt und in Form von "Event scores“ zu Performances umfunktionalisiert.

Ein grenzfreier Raum

Durch mehrere kleine Ideen und Aktionen, die zuerst auf Zetteln geschrieben wurden, konnte jeder noch so unbedeutend wirkende Haushaltsgegenstand zu Kunst werden. Die "Event scores" funktionierten wie Handlungsanweisungen an den Künstler oder die Performerin und durften individuell interpretiert werden.

Besonders viele dieser Anweisungen schrieb Dick Higgins. Sein Ziel, den Performer in "Danger Music" möglichst in Gefahr zu bringen, erreichte er mal mehr, mal weniger. Auf einem Zettel der Reihe stand etwa: "Arbeite für eine Weile mit Eiern und Butter." Auf einem anderen jedoch sollte sich der Performer seine Wirbelsäule entfernen lassen. Das eine wirkt zu banal, das andere zu brutal, um Kunst zu sein. Doch Fluxus sprengt zu beiden Seiten den Rahmen des Möglichen.

Neben Aktionen der Serie "Danger Music", dokumentieren die Fotografien der aktuellen Ausstellung auch andere Stücke, die sich sie sich im grenzfreien Raum zwischen Kunst, Musik, Theater und Poesie positionieren.