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12 Kunst-Filme, die sich im November lohnen

Georgia O'Keeffe in New Mexiko, zu sehen im Dokumentarfilm "Georgia O'Keeffe - Künstlerin im Wilden Westen" auf Arte
Foto: Arte

Georgia O'Keeffe in New Mexiko, zu sehen im Dokumentarfilm "Georgia O'Keeffe - Künstlerin im Wilden Westen" auf Arte

Unsere Filme im November nehmen es mit Google auf, zeigen Museen als Orte der Macht und folgen der Malerin Georgia O'Keeffe in die Einsamkeit der Wüste New Mexicos


Alicja Kwade und die Frage, aus was wir bestehen

"Nickel, Phosphor, Kohlenstoff und so weiter": Die Künstlerin Alicja Kwade holt in ihrem Atelier kleine Ampullen mit chemischen Elementen aus einem Umschlag. "24 Elemente, aus denen ein Mensch gemacht ist. Oder nicht einer, sondern alle. Das war’s schon." Es folgt ein offenes, ein bisschen selbstironisches Lächeln, mit dem sich die Künstlerin im Grunde allen großen Fragen nähert: Woraus sind wir, was ist diese sogenannte Realität, welche Kräfte wirken da, und was ist Illusion und Behauptung?

Seit sie vor zwei Jahren eine große Skulptur auf dem Dach des Metropolitan Museum zeigte, ist die Konzeptkünstlerin weltweit gefragt. "Um Alicja reißen sich jetzt die allergrößten der Großen", stellt ihr Galerist Johann König fest, der sie seit 2009 ausstellt. Er ist einer von vielen Gefährten der Künstlerin, die in der Dokumentation "Perpetuum Mobile" zu Wort kommen. Filmemacher Felix von Boehm und Monopol-Redakteurin Silke Hohmann begleiten Alicja Kwade bei der Vorbereitung ihrer Ausstellung in der Berlinischen Galerie, in die Wohnungen ihrer Sammlerinnen und Sammler, nach Paris zu ihrem französischen Galeristen Kamel Mennour und ist ihr auch dann nah, wenn sie zackig ihr erstaunlich großes Team koordiniert oder bei einem Kurator bessere Bedingungen für die Installation ihrer Werke aushandelt. Die besten, erhellendsten und originellsten Statements stammen natürlich von der Künstlerin selbst.

"Perpetuum Mobile – die Künstlerin Alicja Kwade", Deutsche Welle Mediathek

Künstlerin Alicja Kwade
Foto: Courtesy Felix von Boehm / DW

Künstlerin Alicja Kwade


Europäische Museen und der lange Schatten des Kolonialismus 

Dass der Raub von Kunstwerken kein "Kollateralschaden" von kolonialer Herrschaft, sondern eine bewusste Strategie zur Vernichtung von Kraft- und Wissensquellen der unterworfenen Völker ist, geht in der Debatte um afrikanische Artefakte in europäischen Museen oft immer noch unter. Genauso wie die Tatsache, dass die Errichtung der ethnologischen Museen in Paris, London, Berlin und anderen westlichen Metropolen zu einem innereuropäischen Wettstreit um die prächtigsten und umfangreichsten Sammlungen führte - was wiederum zu noch mehr, oft gewaltsamen Ausführungen von Artefakten aus den afrikanischen Kolonien führte. 

Diese Zusammenhänge, die Museen im Herzen der postkolonialen Debatte verorten, macht die neue Dokumentation "Restituieren? Afrika fordert seine Kunstschätze zurück" eindrücklich deutlich. Wenn man anerkennt, dass es in der Restitutionsdebatte nicht darum geht, ob einzelne Objekte unrechtmäßig oder nach historischen Gesetzen legal nach Europa gekommen sind, sondern dass hinter den Sammlungen als Ganzes ein System der Gewalt und Ausbeutung steckt, ändert das auch die Dringlichkeit von Restitutionen. "Das Musée du Quai Branly in Paris ist für mich ein Ort des Verbrechens", sagt der senegalesische Ökonom und Schriftsteller Felwine Sarr. 

Der Film von Nora Philippe regt dazu an, die Rolle von Kunstwerken in den Beziehungen zwischen Europa und seinen früheren Kolonien noch einmal zu überdenken und Restitutionen als Möglichkeit zu sehen, transnationale Beziehungen neu zu gestalten. Zu Wort kommen unter anderem die französische Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy, Hamady Bocoum, Direktor des Museums der Schwarzen Zivilisatione in Dakar, der Historiker Gabin Djimasée aus Abomey, der Schriftsteller Ben Okro und Silvie Memel Kassi, Direktorin am Museum der Zivilisationen in Abijan. 

"Restituieren? Afrika fordert seine Kunstschätze zurück", Arte-Mediathek, bis 26. April 2022

Emmanuel Macron (l), Präsident von Frankreich, betrachtet die königliche Statue von König Ghezo aus dem 19. Jahrhundert im Museum Quai Branly in Paris
Foto: dpa

Emmanuel Macron (l), Präsident von Frankreich, betrachtet die königliche Statue von König Ghezo aus dem 19. Jahrhundert im Museum Quai Branly in Paris


Als Google von der Kunst geklaut hat

In der Netflix-Miniserie "The Billion Dollar Code" reisen wir zurück ins Berlin der 1990er-Jahre. Carsten Schlüter studiert an der Universität der Künste, aber konventionelle (heute würde man sagen: analoge) Werke interessieren ihn nicht. Er programmiert lieber Visuals für Clubnächte und entwickelt Kunst, die auf dem Computer läuft, zum vollständigen Unverständnis der Professorenschaft. Ein begnadeter Programmierer aus dem Chaos Computer Club hilft ihm, seine Vision zu verwirklichen: ein Programm, das die gesamte Erde visualisiert. "Terravision" wird von der Deutschen Telekom finanziert – und von einem Unternehmensgründer aus dem Silicon Valley bewundert. Der kommt einige Jahre später mit einem Programm auf den Markt, das genauso funktioniert wie das bahnbrechende "Terravision". Er nennt es "Google Earth".

Die Serie erzählt packend von den jungen Berlinern, die erst fast an der komplette Ignoranz der deutschen Wirtschaft gegenüber der Digitalisierung scheitern und dann am übermächtigen Google Konzern. Die Geschichte hinter "The Billion Dollar Code" ist wahr. Der kürzlich viel zu früh an einer Krebserkrankung verstorbene Berliner Medienkünstler Joachim Sauter ist das Vorbild für Carsten Schlüter. Sauter entwickelte seit seiner Studienzeit absolut zukunftsweisende Installationen und Medienkunstwerke. Schon Anfang der 1990er-Jahre schuf er erste interaktive Installationen, seine Werke waren auf der Ars Electronica, im ZKM Karlsruhe und auf Biennalen und Medienkunstfestivals von Shanghai bis Sao Paolo zu sehen.

Bereits seit 1991 war er Professor an der UdK und hat dort Generationen von Medienkünstlerinnen und Designerinnen ausgebildet. Und die von ihm mitbegründete Firma Art+Com, die in der Netflix-Serie so mitreißend als das erste Start-Up Deutschlands inszeniert wird, existiert noch heute und produziert interaktive Installationen. So ist "The Billion Dollar Code" nicht nur eine spannende Serie über die Anfänge der Digitalisierung, sondern auch ein guter Anlass, Joachim Sauters Werk im Gedächtnis zu behalten.

"The Billion Dollar Code", auf Netflix

Leonard Schleicher und Marius Ahrendt in einer Szene aus "The Billion Dollar Code"
Foto: Netflix

Leonard Schleicher und Marius Ahrendt in einer Szene aus "The Billion Dollar Code"

 

Warum es Kino schon vor dem Kino gab

Die technische Entwicklung des Films, bei denen die Fotografie und kluge Köpfe wie Muybridge, Edison oder die Gebrüder Lumière maßgeblich waren, ist uns geläufiger als jene modernen Verhältnisse, Kulturformen und Wegbereiter, denen der Film seinen Erfolg als wichtigstes Medium des 20. Jahrhunderts überhaupt verdankt. Stefan Cornics großartige Doku "Auge, Pinsel und Kinematograf" zeigt, wie aus dem Kinematografen das Kino als Medium und Kunstform entstand (vom "Cinématographe" zum "Cinéma"). Ein "kinematografisches Auge", so wird schlüssig argumentiert, existierte schon vor der ersten Kinovorführung der Brüder Lumière 1895 in Paris.

Da ist einmal die französische Kapitale selbst, die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts rasant veränderte. Da ist das Paris der Boulevards und Weltausstellungen, eine Hauptstadt des Spektakels. Hier entsteht das vergnügungssüchtige Publikum, das wir bis heute selber sind, ein Publikum, das schon vor dem Film mit Kunstschauen und Attraktionen gefüttert wurde. Die kurzen Filme der Lumières etwa, von denen Beispiele in atemberaubender fotografischer Qualität gezeigt werden, waren ja nur ein kleiner Teil des in Paris gebotenen Gesamtspektakels. Das Kino musste sich erst durchsetzen, was nicht ohne die Lichtspielpaläste geschehen wäre, die ab 1907 gebaut wurden. Die Erkundung des "kinematografischen Blicks" beginnt mit der Innovation der Eisenbahn: an Zugfenstern sahen die Passagiere Landschaften und Ortschaften vorbeiflitzen wie später im Kino. Die Künstlerin Tacita Dean hält eine der Zugfensterscheiben aus ihrer Kollektion hoch. Mit ihren abgerundeten Kanten erinnert die Glasscheibe tatsächlich an das Bildfenster einer Filmkamera.

Weitere Gesprächspartner (darunter neben Kino- und Kunsthistorikerinnen die Regisseure Christian Petzold und Olivier Assayas) widmen sich den Einflüssen von bildenden Künstlern für die Ästhetik des Bewegtbildes: So der in Serien und "fotografisch"-atmosphärisch malenden Claude Monet oder Fotografen wie Nadar, der von Fesselballons aus Paris in der Vogelperspektive fotografierte.

Die Entwicklung des Kinos ist sicher auch an anderen Orten vorangetrieben worden: in Berlin, an der amerikanischen Westküste. Doch Paris hat in der Vor- und Frühzeit des Films tatsächlich eine unschätzbare Rolle gespielt. Das gilt auch für die Entfaltung der Narration und des filmischen Trickarsenals. Hier darf Georges Méliès nicht unerwähnt bleiben. Und selbstredend kommt Méliès vor – in dieser hinreißenden und hochinformativen Geschichte des Sehens in 50 entscheidenden Jahren um die vorletzte Jahrhundertwende.

"Auge, Pinsel und Kinematograf", Arte-Mediathek, bis 20. Februar 2022

"Auge, Pinsel und Kinematograf"
Foto: Courtesy Arte

"Auge, Pinsel und Kinematograf", Filmstill, 2020


Edvard Munch, Regisseur

Edvard Munch, den Maler, kennt jeder halbwegs kunstinteressierte Mensch der nördlichen Halbkugel. Edvard Munch, der Filmemacher, hat es zu nicht ganz so großer Berühmtheit gebracht. Dabei interessierte sich der Künstler (1863-1944) sehr für die neuen Medien seiner Zeit und fertigte beispielsweise mit einer frühen Fotokamera eine ganze Reihe von "Selfies" an. Das Munch Museum in Oslo hat darüber hinaus auch seine Filme digitalisiert und damit öffentlich zugänglich gemacht.

In der Collage sind Munchs Aufnahmen von 1927 aus Oslo, Dresden und seinem Wohnsitz Ekely am Oslofjord zu sehen. Das eingefangene Stadtgewusel erinnert ein wenig an Walter Ruttmanns "Symphonie der Großstadt" aus dem selben Jahr und lässt eine Faszination fürs Urbane erahnen. Edvard Munch, der Mutimediakünstler, war also mitnichten nur an Einsamkeit interessiert. Und wer genau hinschaut, kann sogar einige Szenen entdecken, die sich später in Gemälden wiederfinden. 

"Edvard Munchs Films", Munch Museum digital



Kunst und Kalkül bei Emil Nolde 

Emil Nolde ist einer der berühmtesten deutschen Maler, aber auch kaum ein Künstler hat gleichzeitig so viel geschrieben wie er. Nolde war stets darauf bedacht, sich selbst in die Kunstgeschichte zu integrieren und seine eigene Legende über sein Schaffen zu stricken. Es ist erstaunlich, wie lange sich diese Mythen im öffentlichen Bewusstsein gehalten haben, so wurde der Maler immer wieder als vom NS-Regime verfolgter Künstler in der "inneren Emigration" dargestellt, der im Verborgenen seine "heimlichen Bilder" malte.

Erst seit einer Ausstellung im Hamburger Bahnhof 2019 wird wieder in einer breiteren Öffentlichkeit darüber diskutiert, dass Nolde (obwohl seine Kunst zum Teil als "entartet" deklariert wurde) Anhänger des NS-Regimes und nachweislich Antisemit war. Nach dem Krieg gerieten diese Umstände mit tatkräftiger Unterstützung von einflussreichen Personen wie dem Kunsthistoriker und Documenta-Mitbegründer Werner Haftmann (der ebenfalls über seine NS-Verstrickungen schwieg) in Vergessenheit. 

Der Dokumentarfilm "Der ganze Nolde" berichtet über das Forschungsprojekt, das zu den neuen Erkenntnissen führte. Der Film versucht dabei einen Spagat: die Malerei des Künstlers wertzuschätzen und besser kennenzulernen und gleichzeitig seine widersprüchliche politische Positionierung zu reflektieren. Zu Wort kommen unter anderem die Historiker Aya Soika und Bernhard Fulda, die die Ausstellung im Hamburger Bahnhof verantwortet haben. Außerdem versucht die Dokumentation, eine Antwort auf die Frage zu finden, die sich spätestens seit der Verbannung Noldes aus dem Kanzlerinnenbüro von Angela Merkel stellt: Wie umgehen mit dem Werk eines zweifellos begnadeten Künstlers, der sich vom Mitläufer zum Opfer des NS-Regimes stilisierte?

"Kunst und Kalkül - Der ganze Nolde", Arte-Mediathek, bis 14. Januar 2022

Ein Mann geht durch die Ausstellung "Emil Nolde - Eine deutsche Legende. Der Künstler im Nationalsozialismus" im Museum für Gegenwart in Berlin
Foto: dpa

Kunst und Kalkül: Ausstellung "Emil Nolde - Eine deutsche Legende. Der Künstler im Nationalsozialismus" im Museum für Gegenwart in Berlin, 2019


Der dunkle Degas und die Tänzerinnen

Was, wenn sich die Tänzerinnen aus den Gemälden des Tutu-besessenen Impressionisten Edgar Degas wirklich bewegen? "Degas et moi“ ist ein Kurzfilm von Arnaud des Pallières, der für die "3e scène", die digitale Plattform der Pariser Oper, produziert wurde. Das 20-minütige Werk jongliert mit dokumentarischen und fiktionalen Elementen, die von einer männlichen Erzählstimme und weiblichen O-Tönen gerahmt werden.

Der Film basiert auf der Vorliebe von Arnaud des Pallières für die Zeichnungen von Edgar Degas. Doch er zeigt auch die dunkle Seite des berühmten Künstlers, die geprägt von einer antisemitistischen und frauenfeindlichen Haltung ist. In einem Interview erzählt Pallières über Degas: "Einigen Zeitzeugen zufolge weinte er manchmal vor Wut. Ich hatte mir vorgenommen, Degas zu würdigen. Aber die Huldigung besteht darin, die Komplexität der Person ernst zu nehmen, zu versuchen, alles zu erzählen. Also musste ich über seine Blindheit berichten, sowohl physisch - eine Augenkrankheit befiel ihn in seinen Vierzigern - als auch moralisch über Juden und Frauen."

In den aufwendig ausstaffierten Bewegtbildern sind immer wieder fiktionale Szenen zu sehen, die den Künstler beim Zeichnen von Tänzerinnen zeigen. "Degas et moi" kombiniert Pallières Interesse an der historischen Figur mit einer besonderen Konzeption und Machart, den Tanz so zu filmen, wie ihn eine Kohleschraffur wiedergeben kann. Dabei lenkt der Regisseur den Blick und die Aufmerksamkeit immer wieder auf seine doppeldeutige Blindheit.

"Degas et moi", auf Mubi

"Degas Et Moi", Filmstill, 2020
Foto: m2k Films

"Degas Et Moi", Filmstill, 2020


Warum gehen die Künstlerinnen verloren?

Wenn man Menschen auf der Straße nach den zehn bekanntesten Künstlern der Welt fragt, wird niemand auch nur eine Künstlerin nennen. So heißt es in der Arte-Doku "Lost Women Art – ein vergessenes Stück Kunstgeschichte". Dabei wirkten auch Malerinnen, Zeichnerinnen und Bildhauerinnen im Laufe der Jahrhunderte erfinderisch und feierten Zeit ihres Lebens teils weltweit Erfolge auf Ausstellungen. Diesem Missverhältnis will die zweiteilige Doku von Susanne Radelhof ("Bauhausfrauen") auf die Spur kommen.

Radelhofs Sendungen fragen nach Mechanismen des Erinnerns sowie eines angenommenen systematischen Vergessens innerhalb der Kunstgeschichte. Dessen Grund liege "im Patriarchat", also in männlich dominierten Verhältnissen.

Teil eins lässt Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker, Kuratorinnen und Vertreter wegweisender Institutionen zu Wort kommen. Vorgestellt werden aber vor allem zu ihrer Zeit berühmte Künstlerinnen des Impressionismus und des frühen 20. Jahrhunderts, zum Beispiel Berthe Morisot, Suzanne Valadon, Julie Wolfthorn, Helene Funke, Natalija Gontscharowa und Hilma af Klint. Der zweite Teil der Dokumentarreihe beschäftigt sich dann mit Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts vom Neuen Sehen bis zur feministischen Avantgarde. Hier lernt das Publikum Künstlerinnen wie Germaine Krull, Leonora Carrington, Lotte Laserstein, Elfriede Lohse-Wächtler, Charlotte Salomon, Elisabeth Voigt, Kiki Kogelnik und Valie Export besser kennen. 

"Lost Women Art", Teil 1 und 2, Arte-Mediathek, bis 8. Dezember

Pipilotti Rist "Ever is Over All", Videoinstallation, 1997
Foto: Galerie Hauser & Wirth/Pipilotti Rist/Arte/MDR/dpa

Pipilotti Rist "Ever is Over All", Videoinstallation, 1997  


Dash Shaws fantastischer Kryptozoo

Mit "Cryptozoo", seinem zweiten Spielfilm, hat der US-amerikanische Graphic-Novel-Autor und Animationskünstler Dash Shaw gemeinsam mit seiner Frau Jane Samborski ein Fantasy-Märchen über Fabelwesen geschaffen, die in einem für sie eingerichteten Park Unterschlupf finden sollen. Der Film feierte in diesem Jahr Premiere auf dem Sundance Festival und ist nun exklusiv beim Streaming-Dienst Mubi zu sehen.

Ihn interessierten Figuren, die nur gezeichnet zum Leben erweckt werden können, sagte Dash Shaw kürzlich im Interview bei Monopol. Allerdings dringt bald die Realität in die bunte Hippie-Fantasiewelt ein, denn es geht auch um Macht, Profitgier und die Exotisierung und Beherrschung des "Anderen". Ein Vergnügen zwischen Trip und Aktivismusdrama.

"Cryptozoo", auf Mubi 

Szene aus "Cryptozoo"
Courtesy Mubi

Szene aus "Cryptozoo"

 

Mit Georgia O'Keeffe zwischen Metropole und Einsamkeit 

Georgia O'Keeffe (1887-1986) war eine der bedeutendsten Vertreterinnen der Moderne in den USA und schuf einen persönlichen Stil, der von Publikum und Kritikern als Ausdruck der neuen einheimischen US-amerikanischen Kunst identifiziert wurde. In den 1920er-Jahren fand sie in einer besonderen Kombination aus Symbolismus, Abstraktion und Interesse an der Fotografie ihren Stil. Dass dieser Weg zu einer der bekanntesten Künstlerinnen der Geschichte kein leichter war, zeigt der Dokumentarfilm "Georgia O'Keeffe - Künstlerin im Wilden Westen".

Er verfolgt die Karriere einer jungen, entschlossenen Frau von Wisconsin in die Metropole New York und später, nach dem Tod ihres Ehemannes Alfred Stieglitz, in die Einsamkeit der Wüste New Mexicos. Im Zentrum stehen die Aussagen der Künstlerin selbst, die in Form von Interviews (von denen sie während ihrer Karriere reichlich gab) und Briefauszügen auftauchen.

Diese Passagen und die Einschätzungen von Weggefährtinnen und Kunstexperten zeichnen das Bild einer ehrgeizigen und leidenschaftlichen Person, die sich ganz der Kunst und der Liebe hingab und einen tiefen Eindruck bei allen hinterließ, die sie kennenlernten. Wer nach dem Film große Lust verspürt, O'Keefes sattfarbige Werke im Original zu sehen, kann noch bis Dezember ihre große Retrospektive im Pariser Centre Pompidou besuchen. Danach zieht die Ausstellung in die Fondation Beyeler in Riehen bei Basel weiter. 

"Georgia O'Keeffe - Künstlerin im Wilden Westen", Arte-Mediathek, bis 10. November

Georgia O'Keeffe, fotografiert von Alfred Stieglitz
Foto: Alfred Stieglitz / CC

Georgia O'Keeffe, fotografiert von Alfred Stieglitz


Gundermann: Ein Film der Zwischentöne

Gerhard Gundermann war Baggerfahrer und Liedermacher in der DDR, Weltverbesserer und Stasi-Spitzel. Regisseur Andreas Dresen hat ihm einen Film gewidmet - und ist dafür unter anderem beim Deutschen Filmpreis belohnt worden. Das Drama "Gundermann" gewann 2019 sechs Auszeichnungen, darunter die Goldene Lola als bester Spielfilm.

Dresen ("Als wir träumten", "Wolke 9") beschreibt das eher leise, nuancierte Werk als lange Reise. Er erzählt darin, wie Gundermann (Alexander Scheer) im Nachhinein mit seiner Vergangenheit umgeht.

Er glaube, dass sich auch viele im Osten über den Erfolg des Films freuten, sagt Dresen. Er äußerte die Hoffnung, dass man nun andere Geschichten miteinander erzählen könne. "Geschichten, die komplizierter sind, die differenzierter sind, die nicht nur von Gut und Böse oder Tätern oder Opfern handeln, sondern auch von den vielen menschlichen Tönen dazwischen, die zu unserem Leben - Ost wie West - dazugehören."

"Gundermann", ARD-Mediathek, bis 11. April 2022

Alexander Scheer als Gerhard Gundermann und Anna Unterberger als schwangere Conny Gundermann in einer Szene des Films "Gundermann" 
Foto: Peter Hartwig/Pandora Filmverleih/dpa

Alexander Scheer als Gerhard Gundermann und Anna Unterberger als schwangere Conny Gundermann in einer Szene des Films "Gundermann" 


Wie kam all die Kunst in den Louvre?

Wer sich jedes Werk im Pariser Louvre nur eine halbe Minute anschauen will, braucht für einen Rundgang ungefähr 200 Tage. Aber wie kamen all die weltberühmten Gemälde, Statuen und anderen Artefakte eigentlich ins heute berühmteste Museum der Welt? Der neue, überaus sehenswerte Dokumentarfilm "Der Louvre" erzählt detailreich und unaufgeregt verschiedene Provenienzgeschichten und zeigt, wie sehr die dort ausgestellten Kunstschätze mit Kriegen und politischen Großwetterlagen zu tun haben.

So liegt der Ursprung des Louvres im revolutionärem Umsturzklima des späten 18. Jahrhunderts und wurde zunächst durch Enteignung des Adels und der Plünderung sakraler Bauten bestückt. Später füllten Napoleons Raubzüge durch ganz Europa die Wände des Prachtbaus mit Beutekunst - nach dem Untergang des Kaiserreichs kehrten viele der Werke in ihre Ursprungsländer zurück und das Pariser Museum musste eine Ankaufspolitik entwickeln, die Jahrhundertkünstler im eigenen Land aufbaute. 

Außerdem geht es in dem Film um die Sammlungen ägyptischer und assyrischer Kunst im Louvre. Hier wird deutlich wie die Absicht, kulturelle Zeugnisse zu bewahren und zu erforschen, untrennbar mit dem europäischen Imperialismus und Herrschaftsansprüchen der Franzosen verflochten ist. Und dann wären wir auch wieder bei der gegenwärtigen Debatte um koloniale Raubkunst. Dieser Film erzählt sozusagen die Vorgeschichte der aktuellen Diskussion und zeigt, dass Museen immer eine Menge mit Macht zu tun haben.

"Weltkultur. Weltkunst. Der Louvre", Arte-Mediathek, bis 28. Dezember

Der Pariser Louvre, das wohl berühmteste Museum der Welt
Foto: dpa

Der Pariser Louvre, das wohl berühmteste Museum der Welt