Vorwürfe gegen MMK-Chefin Susanne Pfeffer

Es braucht eine sachliche Auseinandersetzung

Das Museum für Moderne Kunst (MMK) in Frankfurt am Main
Foto: Eva K. / CC via Wikimedia Commons

Das Museum für Moderne Kunst (MMK) in Frankfurt am Main

Mitarbeitende des Frankfurter Museum für Moderne Kunst klagen über den Führungsstil der Direktorin Susanne Pfeffer. Ein Lösungsvorschlag der Kulturdezernentin könnte Entspannung bringen

Susanne Pfeffer ist eine der besten Kuratorinnen Deutschlands – daran besteht kein Zweifel. Ihre Ausstellungen sind preisgekrönt und international gefeiert. Zweifel aber besteht seit einiger Zeit über den Betriebsfrieden an dem Haus, das sie seit 2018 leitet, das Museum für Moderne Kunst (MMK) in Frankfurt am Main. Im Frühjahr 2019 hatten sich Mitarbeitende des Hauses erstmals in einem internen Papier über ihren Führungsstil beklagt. Es gebe einen respektlosen und verletzenden Umgang, persönliche Übergriffe, Abwertungen und unangemessen harsche Reaktionen.

Im April des vergangenen Jahres wurden die Vorwürfe in einem Papier der Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig unterbreitet, die daraufhin einen Mediationsprozess in Gang brachte. Um ihren Vorwürfen mehr Gewicht zu verleihen, trugen einige Mitarbeitende den Konflikt nach außen und wandten sich an die Presse – anonym. Doch auch der Mediationsprozess konnte das Problem offenbar aus Sicht dieser Mitarbeitenden nicht lösen.

Jetzt haben sie eine neue Medienoffensive gestartet. Vor einigen Tagen veröffentlichte der Hessische Rundfunk – wiederum anonym – erneut Beschwerden von einigen Mitarbeitenden: Sie fühlen sich nicht genug in die Planung eingebunden, die jeweils nächste Ausstellung werde zu kurzfristig intern kommuniziert, die Direktorin kontrolliere alle Vorgänge, die Mitarbeitenden könnten nicht eigenständig arbeiten, was zu großem Frust führe. Und ein ehemaliger Assistent, der drei Monate für Pfeffer arbeitete, klagte in einem Beitrag der Fernsehsendung "Kulturzeit", seine Chefin habe ihn mit ihrer Kritik zum Weinen gebracht und er habe immer für sie verfügbar sein müssen.

Brutale Vergleiche

Es scheint also, dass hier eine brillante Ausstellungsmacherin am Werk ist, die sich selbst am meisten vertraut. Wenn die Vorwürfe stimmen, pflegt sie überdies einen Führungsstil, der alles andere als angenehm ist. Die Frage aber bleibt, ob solch ein Konflikt wirklich in der Öffentlichkeit ausgetragen werden muss – auf eine Weise, die in diesen Tagen eskaliert. Nicht jede Führungskraft, die einen Untergebenen anmeckert oder ihre Assistenten außerhalb der Arbeitszeiten beansprucht, kommt damit gleich zu dräuender Musik in der Rolle der Angeklagten ins Fernsehen, wie Pfeffer jetzt. 

Parallel veröffentlichte die "Hessenschau" Aussagen eines gerade aus dem Freundeskreis des Museums ausgeschiedenen Sammlers, dessen Kritik an Pfeffer mit einer sachlichen Auseinandersetzung nichts mehr zu tun hat. Der Bad Homburger Kunstsammler und Verlagskaufmann Adrian Koerfer wird dort mit der Aussage zitiert, der "Machtmissbrauch" im MMK sei zu vergleichen mit den autoritären Zuständen in der Filmbranche um Til Schweiger. Noch brutaler sein zweiter Vergleich: Koefer ist Betroffener des sexuellen Missbrauchs an der Odenwaldschule, er sieht auch hier Ähnlichkeiten zum MMK, da Probleme vertuscht würden.

Solche Vergleiche haben nichts mehr damit zu tun, worum es am MMK wirklich geht. Von einem Führungsproblem und von Mitarbeitenden, die sich nicht einbezogen fühlen, zu einem Filmregisseur zu kommen, der betrunken am Set steht und dann auch noch zu sexuellem Missbrauch, ist schlicht infam – und wer solch eine Aussage in die Öffentlichkeit hinausbläst, berichtet nicht, sondern diffamiert, mit einer Skandalgeilheit, die der "Hessenschau" als  öffentlich-rechtlichem Medium nicht angemessen ist.

Eine Verwaltungsleitung neben Pfeffer

Die Kulturdezernentin, die weiterhin hinter Pfeffer steht, hat auf das neuerliche Aufbranden der Diskussion mit einer schriftlichen Stellungnahme reagiert: "Ich weiß, dass die Situation am Museum MMK für Moderne Kunst für alle sehr belastend ist. Ich habe das von Anbeginn sehr ernst genommen und tue dies weiterhin", so Hartwig. Anders als behauptet, habe das MMK kein dramatisches Personalproblem: Von 27 Stellen seien 22 besetzt. Die offenen Stellen sollen zügig neu besetzt werden: "Ich weise die Darstellung zurück, es gäbe kein Problembewusstsein. Im Gegenteil ist ein Reorganisationsprozess seit längerem eingeleitet, diesem muss man eine Chance geben", so Hartwig.

Auch Susanne Pfeffer betont in einer schriftlichen Stellungnahme, dass ihr die Anliegen des Teams wichtig seien. Sie selbst habe die Mediation als konstruktiv wahrgenommen, "aber Veränderung braucht Zeit und auch den Willen aller Beteiligten, zu einer gemeinsamen Lösung und einem gemeinsamen Verständnis zu kommen." Weiter schreibt sie: "Dass Teile der Mitarbeiterschaft die Mediation nach so vielen guten Gesprächen einfach für gescheitert erklärt haben und Informationen hierzu nach außen gegeben haben, kann ich nicht nachvollziehen."

Die Lösung, die Kulturdezernentin Hartwig nun verfolgt, könnte vielleicht Entspannung bringen: Ihr Ziel sei, "zeitnah eine erfahrene Verwaltungsleitung einzusetzen, die das Museum MMK für Moderne Kunst administrativ und auch in personellen Angelegenheiten unterstützt und entsprechende Kompetenzen erhält". Die Auswahl hierzu laufe bereits, so Hartwig.

Recht auf ein erträgliches Arbeitsumfeld

Die Aufgaben einer Museumsleitung heute sind komplex. Man muss ein Team zusammenhalten, Mäzene und Fördervereine umgarnen, mit Künstlerpersönlichkeiten auf Augenhöhe umgehen, Finanzen im Griff haben – damit hatten schon andere große Kuratoren Probleme, etwa Okwui Enwezor am Haus der Kunst in München. Dass pragmatische Effizienz und künstlerischer Anspruch, Teamfähigkeit und kreative Brillanz nicht unbedingt gleichzeitig auftreten, ja sich manchmal sogar widersprechen, ist nichts Neues. Die Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen, könnte beidem zugutekommen: der künstlerischen Qualität und dem sozialen System Museum.

Angesichts der Aggressivität der Frankfurter Auseinandersetzung mag man vermuten, dass einer weiblichen Führungskraft mangelndes Einfühlungsvermögen schneller übel genommen werden könnte als den männlichen Museumsdirektore früherer Tage. Aber dass die Ansprüche von Mitarbeitenden gestiegen sind, ist eine selbstverständliche und gute Entwicklung – jeder hat das Recht auf ein erträgliches Arbeitsumfeld.

Gesucht wird also eine starke Persönlichkeit an Pfeffers Seite – und es braucht dringend rhetorische Abrüstung statt Skandalgeschrei. Denn das oberste Ziel, so Kulturdezernentin Hartwig, "muss sein, dass sich alle wieder dem widmen können, weshalb sie an das Haus gekommen sind: der Kunst."