Technomuseum Frankfurt

Vom Omen zum Momem

Es geht um mehr als um einen Musikstil: Mit einem Festakt in der Paulskirche und einer Innenstadt-Party ist in Frankfurt am Main das Museum für elektronische Musik eröffnet worden

Unter dem Frankfurter Hauptbahnhof gab es in den 1980er-Jahren einen Plattenladen, in dem Andreas Tomalla arbeitete, als DJ unter dem Namen Talla2XLC bekannt. Hier gab es wegen guter Verbindungen zum Flughafen und Hafen die neuesten, seltsamsten Vinyls aus den USA, ohne Gesang, nur Beat, eine neue Kategorie. "TECHNO" schrieb Talla auf das Register. Und, so will es die Legende, gab dem Genre den Namen.

Das Museum of Modern Electronic Music (Momem), das am Mittwoch eröffnete, will aber keine lokale Kultstätte zur Beweihräucherung der eigenen Bedeutung im popkulturellen Weltgeschehen sein, sondern international tragfähig. Die Idee für das erste Museum seiner Art hatte Tomalla bei einer Reise mit dem Goethe-Institut nach Aserbaidschan. Umgesetzt hat sie dann Alex Azary mit einem großen Gefolge aus Mentoren und Unterstützern. Es geht um mehr als um eine Musikrichtung, das wird bei der Eröffnungszeremonie in der Frankfurter Paulskirche schnell klar.

Bevor die Wiedervereinigung politisch vollzogen wurde, sagt Azary von der Kanzel, fand sie auf dem Dancefloor statt. Er habe lange überlegt, ob es angesichts des Ukraine-Krieges der richtige Moment sei, zu eröffnen, zu feiern. Doch es sei ja genau diese friedliche, respektvolle Kultur, von der sich rückwärtsgewandte Autokraten bedroht fühlten.

"Bezüge schaffen von der Geschichte zum Jetzt"

Als Profitänzer der Choreografin Paula Rosolen eine Interpretation des 16-Bit-Songs "Were Are You?" von 1986 in der ehemaligen Kirche aufführen, die Schultern irgendwie toll übertrieben gepolstert wie damals Sven Väth im Video, wird es unter der Kuppel des Gründungsorts für einen deutschen Bundesstaat im Jahr 1884 andächtig und aufgekratzt zugleich. Dieser doppelte clap-sound des Synthesizers.

Sven Väth, dem die erste Ausstellung des Museums gilt, eilt aus der Kirche zur Hauptwache, wo er auf einer Open-Air-Bühne spielt, was selbst in Frankfurt eine Seltenheit ist. Inzwischen versuchen alle unten ins Museum zu kommen, das in die merkwürdige B-Ebenen-Architektur unter der Stadtmitte wie ein Ort aufblüht, der zuvor nie da war. Die offene, niedrige und nicht besonders große Fläche wurde gut strukturiert von den Profis für Szenografie vom Atelier Markgraph. "Wir wollen Bezüge schaffen von der Geschichte zum Jetzt, und auf morgen und übermorgen schauen. Das ist von zentraler Bedeutung", sagt Stefan Weil, einer der Markgraph-Geschäftsführer, der als Gestalter damals schon die ersten Techno-Flyer machte.

Ausstellung über Sven Väth

Zuerst aber wird zurückgeschaut, auf die Karriere von Sven Väth, der in gewisser Weise der DJ schlechthin ist. Der größte Teil seiner 25.000 Platten steht hier in gelben Industrieregalen. "I played them all", sagt er mit seiner charakteristischen Nachtlebenstimme der internationalen Presse. Kunst sammelt er auch, zum Beispiel Caio Reisewitz und natürlich Andreas Gursky, ein Techno-Weggefährte. Der machte für ihn auch das Bild des Privatjets vor dunkelgrauem Himmel in den Wolken, auf dem "Sven Väth" steht und das vom Künstler Tobias Rehberger bemalt wurde, ein historisches Dokument für eine vergangene Zeit, in der DJs, Privatjets und großformatige Fotografie noch das Allergrößte waren.

Auf der Hauptwache hat inzwischen die Dämmerung eingesetzt und mehrere tausend Menschen tanzen zusammen, viele das erste Mal seit sehr langer Zeit. Das Omen, Väths erster Club, war nur einen Block entfernt, es öffnete 1988 und schrieb in wenigen Jahren Geschichte. Oben auf der Kanzel rudert Sven Väth mit den Armen und lacht. Es gebe nur zwei Orte auf der Welt, sagte Alex Azary vorhin noch, wo es egal ist, wie du aussiehst: "Im Kindergarten und auf dem Dancefloor."