Demonstration in Londoner Ausstellung

Was hinter den Protesten im British Museum steckt

Demonstrierende im British Museum fordern die Freilassung des politischen Gefangenen Alaa Abd El-Fattah in Ägypten und die Distanzierung des Hauses vom Energiekonzern BP

Im British Museum in London wurde kürzlich die Ausstellung "Hieroglyphs: unlocking ancient Egypt" eröffnet. Unterbrochen wurde bereits die Presseveranstaltung von Demonstrierenden, die mit Plakaten und bedruckten T-Shirts auf die aktuelle politische Situation in Ägypten aufmerksam machen wollten. Explizit ging es um den Aktivisten und Blogger Alaa Abd El-Fattah, der seit 2019 im Hochsicherheitsgefängnis Tora südlich der Hauptstadt Kairo inhaftiert ist und sich seit April diesen Jahres im Hungerstreik befindet. An die Außenfassade des Museumsgebäudes wurde das Gesicht Abd El-Fattahs projiziert. Drinnen fand im Zuge des Protests ein "Read-In" statt, bei dem aus seiner Schriftensammlung "You Have Not Yet Been Defeated" (2021, in deutscher Fassung: "Ihr seid noch nicht besiegt") vorgelesen wurde.

Alaa Abd El-Fattah, der neben der ägyptischen auch die britische Staatsbürgerschaft besitzt, wird von der ägyptischen Staatsführung vorgeworfen, Falschinformationen verbreitet zu haben. 2006 war er erstmals, damals noch unter dem Regime Hosni Mubaraks, für seine Teilnahme an friedlichen Protesten festgenommen worden. Während der Ägyptischen Revolution im Frühling 2011 und dem Umsturz Mubaraks war er eine der wichtigsten Triebkräfte und galt als "Ikone" der Aufstände.

Im Herbst desselben Jahres wurde Abd El-Fattah ein weiteres Mal festgenommen, vor ein Militärgericht gestellt und erst infolge politischen Drucks durch den OHCHR (Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte) freigelassen. Seitdem wurde er, ebenso wie seine ebenfalls politisch aktive Schwester Sanaa Seif, immer wieder für seine politische Arbeit inhaftiert. Seit 2019 sitzt er erneut in Haft, ihm wird vorgeworfen, Falschnachrichten verbreitet zu haben. Internationale Menschenrechtsorganisationen, darunter Amnesty International und der Dachverband der Menschenrechtsorganisationen FIDH, sowie Politikerinnen und politische Akteure wie die Heinrich-Böll-Stiftung sprechen sich für die Freilassung Abd El-Fattahs aus und kritisieren die Haftbedingungen in dem Gefängnis, das für seine Foltermethoden gegen politische Gefangene bekannt ist.


Die Demonstrationen im British Museum zielen auch darauf, Besucherinnen und Besucher über die politischen Verbindungen zwischen dem Ölkonzern British Petroleum "BP", dem Hauptsponsor der Ausstellung im British Museum, und der ägyptischen Regierung unter dem autokratischen Machthaber Abdelfattah al-Sisi aufzuklären. Unterstützt werden die Proteste von der Gruppe "Culture unstained", die sich gegen das Sponsoring von Kulturprojekten und -institutionen durch Förderer fossiler Brennstoffe engagiert. BP ist der größte privatwirtschaftliche Förderer von Erdgas in Ägypten, einem Land, in dem die fossile Ressource neben Tourismus eine der wichtigsten Einnahmequellen ist. Laut eigenen Angaben von BP fördert das Unternehmen zwischen 50 und 60 Prozent des ägyptischen Erdgases und rund 10 Prozent des Erdöls des Landes.

Das British Museum steht seit mehreren Jahren regelmäßig dafür in der Kritik, einen Großteil seiner Gelder von dem Ölkonzern BP zu beziehen. Mit medienwirksamen Protestaktionen soll Druck auf das Londoner Museum ausgeübt werden, das jedoch bisher weiter an der Kooperation festhält. Diesmal steht der Klimaaktivismus allerdings an zweiter Stelle, auch wenn er Teil der Rechnung ist: Im November findet im ägyptischen Ferienort Sharm el-Sheikh die UN-Klimakonferenz COP 27 statt.

Nach Ansicht von Klimaaktivistinnen und -aktivisten sowie den Demonstrierenden, die eine Freilassung Abd El-Fattahs fordern, lässt sich das British Museum mit der aktuellen Ausstellung instrumentalisieren. 2019 war die Bestseller-Autorin und Tante Alaa Abd El-Fattahs Ahdaf Soueif ("Die Landkarte der Liebe") aus Protest gegen das Festhalten des Museums an der BP-Förderung vom Stiftungsrat des British Museum zurückgetreten.

Repressive Gesetze ermöglichen Erdgasförderung

Seit Monaten fordern Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten an der Konferenz teilnehmende Länder und Organisationen auf, politischen Druck auf das ägyptische Militärregime auszuüben. In einem offenen Brief wird dem Museum außerdem vorgeworfen, BP aktiv darin zu assistieren, ein falsches Bild des Konzerns zu präsentieren. Dieser würde sich, so die Kritk, zu Unrecht als nachhaltiges Unternehmen inszenieren. Unter den Unterzeichnenden sind etwa Bianca Jagger und der Künstler Adam Broomberg. "BP hat mit verschiedenen Regierungen und Regimen in Ägypten eng zusammengearbeitet, und dieselben Gesetze und Praktiken, die die Rolle der Zivilgesellschaft einschränken und Tausende von Menschen zu Gefängnisstrafen verurteilt haben, haben die Ausweitung der Förderung fossiler Brennstoffe durch BP in diesem Land erst ermöglicht."

Anschließend werden explizite Beispiele genannt, in denen repressive Gesetze auf den Weg gebracht wurden, um gezielt die Erdgasförderung durch BP trotz Protesten durch die Bevölkerung durchzusetzen: "In der Stadt Idku, nicht weit von der Ausgrabungsstätte des Rosettasteins entfernt, hat sich die örtliche Gemeinde erfolgreich gegen den Bau einer BP-Gasverarbeitungsanlage gewehrt, aber nach der Einführung eines rückschrittlichen Anti-Protest-Gesetzes wurde diese Art des Widerstands in der Gemeinde nahezu unmöglich. BP fördert jetzt fast eine Milliarde Kubikfuß Gas pro Tag aus seinen Gasfeldern im West-Nil-Delta."

In einer Stellungnahme des Museums hieß es: "Das British Museum respektiert das Recht anderer Menschen, ihre Meinung zu äußern und erlaubt friedliche Proteste im Museum, solange keine Gefahr für die Sammlung, das Personal oder die Besucher besteht."