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11 Kunst-Filme, die sich im August lohnen

Shirin Neshat, Women Without Men, 2009. Film stil
Foto: Courtesy Shirin Neshat

Shirin Neshat "Women Without Men", 2009, Film still

Unsere Filme im August erinnern an zwei verstorbene Giganten der Kunstwelt, nehmen den Kanon auseinander und jagen die Gespenster des Kinos


Hommage an F.C. Gundlach

Der Fotograf F.C. Gundlach (geboren 1926 im hessischen Heinebach) prägte mit seinem klaren, unverwechselbaren Stil vor allem die Bildsprache der 1950er-, 60er- und 70er-Jahre. Doch auch heute noch inspiriert er zeitgenössische Künstler wie Andreas Mühe, Wim Wenders oder Kristian Schuller. Am 23. Juli ist er im Alter von 95 Jahren gestorben. Als Hommage gibt es in der Arte-Mediathek nun noch einmal das Porträt "Meister der Modefotografie" zu sehen.

Berühmt wurde Gundlach vor allem für seine Magazin-Shootings aus Berlin oder Paris. "Ich war ein Märchenerzähler. Ich wusste genau, die Frauen können sich die Mode nicht leisten, aber sie können davon träumen", erinnert er sich.

Daneben schuf er Fotografien, die sich als Sinnbilder des jeweiligen Zeitgeistes begreifen lassen: vom ersten 911er Porsche des Fotografen am Strand von Fanø bis zu Künstlerporträts von Martin Kippenberger oder Romy Schneider. Später begann er seine zweite Karriere als Sammler, Ausstellungsmacher und Kurator. Mit seiner Berufung zum Gründungsdirektor des Hauses der Photographie in den Hamburger Deichtorhallen ging für ihn "ein Traum in Erfüllung". All das bringt Regisseurin Eva Geberding in ihrem Porträt "Meister der Modefotografie" zur Sprache. Ihre detailreiche Dokumentation, für die sie ihre Hauptfigur fünf Jahre lang begleitet hat, ist auch eine Zeitreise durch die Fotografie-Geschichte des letzten Jahrhunderts.

"F.C. Gundlach - Meister der Modefotografie", Arte-Mediathek, bis 25. Oktober

F.C. Gundlach "Op Art-Badeanzug von Sinz", Brigitte Bauer, Vouliagmeni, Griechenland, 1966
Foto: F.C. Gundlach, Courtesy of Stiftung F.C. Gundlach

F.C. Gundlach "Op Art-Badeanzug von Sinz", Brigitte Bauer, Vouliagmeni, Griechenland, 1966


Christian Boltanski - Bewahrer der Erinnerung

Auch der französische Künstler Christian Boltanksi ist vor kurzem gestorben. Doch schon zu Lebzeiten drehte sich für den Sohn von Holocaust-Überlebenden in seiner Arbeit alles um die Themen Tod und Erinnerung. "Sobald man anfängt, über etwas Vergangenes oder über Verstorbene zu schreiben, leistet man die Arbeit eines Bestatters", sagte er einmal. "Insofern sehe ich meine Aufgabe darin, zu versuchen, das Leben verstorbener Menschen zurückzuholen". Die Dokumentation "Das Wispern der Vergangenheit" von Regisseur Felix von Boehm, die Arte nun postum in der Mediathek bereitstellt, begleitet Boltanski bei seiner Arbeit an einer Gedenk-Installation für die Zwangsarbeiter im Eisen- und Stahlwerk Völklinger Hütte im Saarland.

Der Künstler hat Erinnerungsräume für die mehr als 10.000 Menschen geschaffen, die hier gefangen gehalten wurden und von denen mindestens 250 starben. Boltanski redet auch darüber, wie die Geschichte seine Arbeit formte. Historische Bilder aus der NS-Zeit machen den Schrecken sichtbar, der in Boltanskis Werken nachhallt. Außerdem kommen auch Künstlerkollegen wie Tino Sehgal zu Wort. Zum Tod des Künstlers zeigt Arte außerdem das Porträt "Die möglichen Leben des Christian Boltanski" von 2009. Darin wird die Geschichte seiner Kunst in seinen eigenen Worten erzählt.

"Das Wispern der Vergangenheit. Christian Boltanski in der Völklinger Hütte, Arte-Mediathek, bis 17. August

"Die möglichen Leben des Christian Boltanski", Arte-Mediathek, bis 15. Januar 2022

Christian Boltanski bei der Monumenta 2010 in Paris
Foto: dpa

Christian Boltanski bei der Monumenta 2010 in Paris


Der vergessene Sommer des Soul

Wenn vom Sommer 1969 in den USA die Rede ist, denken die meisten popkulturell interessierten Menschen automatisch an Woodstock. Dass es in diesem Jahr noch ein anderes wichtiges Festival gab, hat sich dagegen nicht im kollektiven Gedächtnis festgesetzt - wie es so oft mit Ereignissen passiert, die vor allem für die Schwarze Community von Bedeutung sind.

Beim Harlem Culture Summer traten an sechs Wochenenden hochkarätige Musikerinnen und Musiker im New Yorker Mount Morris Park auf, darunter Nina Simone, B.B. King, Gladys Night, Sly & The Family Stone und Stevie Wonder. Die kostenlosen Konzerte, die über 300.000 Menschen anzogen, wurden gefilmt, aber bisher kaum gezeigt. Nun hat der Musiker und Autor Ahmir Thompson alias Questlove (The Roots) aus dem Material seinen ersten Film "Summer of Soul (...Or, When The Revolution Could Not Be Televised)" gemacht - und damit auf dem Sundance Film Festival gleich den Großen Jurypreis gewonnen.

Die Dokumentation mit viel Musik und Berichten von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen erzählt von missachteter Pop-Geschichte, aber auch von einem Meilenstein der Black-Power-Bewegung, bei dem Schwarze Kultur gewürdigt, gefeiert und sichtbar gemacht wurde - wenn denn der Rest der Welt hingeschaut hätte.

"Summer of Soul (... Or, When The Revolution Could Not Be Televised)", Disney+

 

Wind of Change bei der Performa

Eigentlich steht das New Yorker Performance-Festival Performa für unvergessliche Live-Erlebnisse mit Künstlerinnen und Künstlern. Inzwischen betreibt das Festival pandemiebedingt aber auch einen ambitionierten Online-Kanal, auf dem Videokunst auf "Heavy Rotation" zu sehen ist. Das besondere ist, dass die Werke nicht on demand, sondern in Dauerschleife laufen, sodass man immer wieder einschalten oder zu festen Uhrzeiten bestimmte Filme erwischen kann.

Die aktuelle Ausstellung "Wandamba yalungka…/Winds change direction…" beschäftigt sich mit gesellschaftlichem Wandel und wurde von der Autorin Maura Reilly kuratiert, die mit ihren Schriften zur feministischen Kunstgeschichte bekannt wurde. Reilly vereint 13 Video-Kunstwerke, die nach der Möglichkeit von Veränderung fragen. Sind wir auf dem richtigen Weg oder rollen wir wie Sisyphos immer wieder die selben Steine den Berg hinauf? Dabei sind Werke von Shirin Neshat, Wangechi Mutu, Tracey Moffat, Teresa Margolles und Suzanne Lacy.

"Wandamba yalungka…/Winds change direction", Performa Radical Broadcast, bis 30. September

Wangechi Mutu "The End Of Carrying All" (Filmstill), 2015
Foto: © Wangechi Mutu. Courtesy Gladstone Gallery, New York and Brussels, Victoria Miro Gallery, and Susanne Vielmetter Los Angeles Projects

Wangechi Mutu "The End Of Carrying All" (Filmstill), 2015


Kanonkritik in sechs Minuten

Aus welcher Perspektive schauen Menschen, die im Kanon kaum vorkommen, auf den Kanon? Die junge britische Filmemacherin Ayo Akingbade hat dazu den  Kurzfilm "Claudette's Star" gedreht, der mit Derrick Harriotts bekanntem Stück "The Loser" beginnt: "I was born a loser!" Wie kann man aus den Zufälligkeiten der Geburt herauskommen, wenn die Welt einem keinen Platz am Tisch zugesteht?

Wir sehen in dem sechsminütigen Film Freundinnen mit indischen und afrikanischen Wurzeln, die vor Werken von Sir Joshua Reynolds und Glykon von Athen stehen, wir sehen Schwarze Menschen, die durch eine Bibliothek streifen und ihre Lieblingsbücher vorstellen. Kanonkritik ist auf dem Weg, der neue Kanon zu werden. Das ist die gute Botschaft dieses Films.

"Claudette's Star", auf Mubi

"Claudette's Star" (Filmstill)
Foto: Courtesy Mubi

"Claudette's Star" (Filmstill), zu sehen bei Mubi


Simon Denny und die Kunst des Hackens

Die Figur des Hackers kann ein Schurke sein, der in den dunklen Ecken des Internets Böses plant. Sie kann aber auch ein Held sein, der Sicherheitslücken in kritischer Infrastruktur aufspürt und wiederum dunkle Machenschaften von Regierungen und mächtigen Tech-Konzernen öffentlich macht. Der neuseeländische Künstler Simon Denny beschäftigt sich in seiner Arbeit mit den Machtstrukturen in einer digitalisierten Welt und geht den Logiken des Hackens nach, die inzwischen auch Unternehmensstrukturen und staatliche Organisationen prägen.

Der Film "Live Art: Simon Denny. Die Kunst des Hackens" von 2017 begleitet den Künstler und den Schweizer Kurator Hans Ulrich Obrist bei der Konzeption der Ausstellung "Hack Space" in Hongkong. Denny und Obrist entschieden sich für ihre Schau bewusst für die chinesische Sonderverwaltungszone, in der der Whistleblower Edward Snowden seine NSA-Enthüllungen an Journalisten übergab und die von Produktpiraterie und digitalen Innovationen gleichermaßen geprägt ist. Neben Denny, Obrist und Co-Kuratorin Amira Gad kommen auch chinesische Künstlerinnen und Künstler zu Wort, die sich mit dem Hacken als Kulturtechnik auseinandersetzen.

"Live Art: Simon Denny. Die Kunst des Hackens", Arte-Mediathek, bis 26. August


Christian Petzolds Gespenster

In einem Niemandsland namens Deutschland sind sie nur auf Durchreise: die Figuren in den Filmen von Christian Petzold, dem die Kinoplattform Mubi eine kleine Reihe widmet. Teil der Retrospektive ist die sogenannte "Gespenstertrilogie" mit Musterbeispielen für den magischen Realismus des Regisseurs. "Die innere Sicherheit" (2000) erzählt von einem Terroristenpaar auf der Flucht mit ihrer heranwachsenden Tochter, die von der prekären Existenz der Kleinfamilie genug hat. "Gespenster" (2005) ist eine weitere Coming-of-Age-Geschichte um eine Jugendliche, die mit einem verschollenen Mädchen identifiziert wird. "Yella" (2007) kreist um eine Ostdeutsche und ihren Versuch, noch einmal ganz von vorne anzufangen.

Die genannten Filme waren von Petzold nicht als Trilogie geplant. Das Gespenster-Motiv verbindet sie – das Ringen der Protagonisten um Selbstbestimmung, was ihnen angesichts gegebener Lebenssituationen und Machtverhältnisse kaum gelingen kann. Auch "Undine" (2020), Petzolds jüngster Film um eine Frau, die zugleich Wassergeist und Architekturhistorikerin ist, kann bei Mubi abgerufen werden. Ebenfalls zu sehen: "Jerichow" (2008). Die mörderische Dreiecksgeschichte basiert auf James M. Cains "Wenn der Postmann zweimal klingelt" und ist ein Beispiel für Petzolds Kunst, bekannte Motive aus Literatur und Filmgeschichte auf spätkapitalistische Verhältnisse zu beziehen. Mit "Barbara" (2012) und "Phoenix" (2014) kündigt Mubi weitere Petzold-Werke für die kommenden Wochen an.

Filme von Christian Petzold, auf Mubi

Paula Beer in Christian Petzolds Film "Undine"
Foto: dpa

Paula Beer in Christian Petzolds Film "Undine"


Künstlerische Ermittlungen von Forensic Architecture

Dass autoritäre Staaten Journalisten, Aktivistinnen und NGO-Personal mithilfe der Spähsoftware Pegasus überwacht haben sollen, hat für viele Schlagzeilen gesorgt. Bei den sogenannten "Pegasus Leaks" geht es darum, dass Regierungen mit Cyberwaffen gegen politische Gegner sowie gegen Bürgerinnen und Bürger vorgehen. Ein internationales Recherchekollektiv, dem unter anderem "Die Zeit", die "Süddeutsche Zeitung", die ARD und der britische "Guardian" angehören, berichtete über den Missbrauch der Spionagesoftware der israelischen Technologie-Firma NSO Group, die unbemerkt auf Mobiltelefone gespielt werden kann und dort Nachrichten ausliest oder sogar die Kamera oder Audioaufnahme des Geräts aktivieren kann. Die Pegasus-Technik, die seit 2015 bekannt ist, darf eigentlich ausschließlich zur Terrorismusabwehr benutzt werden. Die Enthüllungen belegen jedoch, wie private Firmen Geld mit Überwachungstechnik verdienen und diese wiederum gegen die freie Presse und Oppositionelle eingesetzt wird.

Das Thema, das international für Entsetzen sorgte, ist in Berlin schon länger im Kontext von Kunstinstitutionen präsent, denn auch im Kulturbetrieb wurde ermittelt. So hat das Künstler- und Forscherkollektiv Forensic Architecture zusammen mit der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, dem Citizen Lab der Universität Toronto, der Filmemacherin Laura Poitras und anderen Anfang Juli eine Recherche veröffentlicht, die zeigt, wie die globale Überwachung mit Pegasus funktioniert.

Die Kunstdetektive visualisieren dokumentierte Fälle von Pegasus-Angriffen auf die Smartphones von Aktivistinnen und Journalisten in einer interaktiven Grafik und bringen die Cyber-Attacken mit Repressalien gegen die ausspionierten Personen in der physischen Welt zusammen. Außerdem berichten sie vom (bisher recht aussichtslosen) juristischen Kampf gegen den Einsatz der Software. Der Film, den Forensic Architecture dazu gemacht hat (das Voice-over wird von Whistleblower Edward Snowden gesprochen), ist mit anderen Dokumenten der 15-monatigen Recherche auf der Website des Kollektivs abrufbar und sowohl vor Ort als auch online beim Haus der Kulturen der Welt (HKW) in Berlin zu sehen. Dort läuft noch bis zum 8. August die Ausstellung "Investigative Commons" mit Recherchen von Forensic Architecture und verschiedenen Partnern. Auch in der Schau "Circles" von Laura Poitras und Sean Vegezzi im Neuen Berliner Kunstverein (N.B.K.) werden die fragwürdigen Praktiken der NSO-Group und ihrer Partnerfirmen thematisiert. 

"Digital Violence. How The NSO Group Enables State Terror", Forensic Architecture online


Damien Hirst und die Kirschblüten

Dass der britische Künstler Damien Hirst nach seinen bombastischen Installationen mit eingelegten Tieren oder diamantbesetzten Totenschädeln nun süßliche Kirschblütenbilder malt, kann man befremdlich finden - oder als weiteres Rollenspiel in der Karriere des Kunstmarkt-Tricksters interpretieren. Wo der wohl bekannteste Vertreter der Young British Artists seine neue Liebe zur Malerei entdeckt hat, kann man nun jedenfalls in einem 360-Grad-Film der Fondation Cartier in Paris nachvollziehen, in der Hirst seine "Cherry Blossoms" noch bis Januar 2022 ausstellt. In neongelber Mütze und farbbeklecksten Arbeitshosen zeigt der Künstler sichtlich stolz sein geräumiges Studio, in dem die großformatigen Blütenbilder an den Wänden lehnen.

Hirst erzählt, wie er im Lockdown das allein Arbeiten für sich entdeckte (man wünscht seinen zahlreichen Assistentinnen und Assistenten eine gute finanzielle Absicherung) und wie er mit der Technik des Action Painting eine Balance zwischen Kontrolle und Zufall zu finden versucht. Die Betrachterinnen können zum Klang von Hirsts Stimme virtuell durch das Studio flanieren, das in genau der richtigen Balance zwischen Unordnung und Eleganz inszeniert worden zu sein schein. Im Laufe des Sommers will die Fondation Cartier außerdem noch eine längere Dokumentation des "Cherry Blossom"-Projektes auf ihrer Website und bei Youtube veröffentlichen. 

Damien Hirst "Cherry Blossoms", 360-Grad-Film, Fondation Cartier online


Museum für Schwarze Kultur: Das ewige Warten auf Anerkennung

Unglaubliche 100 Jahre ist es her, dass Afroamerikaner zum ersten Mal einen Ort einforderten, der ihren Beitrag zur Kulturgeschichte der Vereinigten Staaten anerkennt. Immer wieder wurden Pläne für ein Museum verschleppt, blockiert oder verschoben. 2016 eröffnete schließlich das National Museum of African American History and Culture in einem Prachtbau mit perforierter Aluminiumfassade von Architekt David Adjaye in Washington D.C..

"Es ist das erste Mal, dass Schwarze Menschen eine sichtbare Geschichte haben", sagt eine Besucherin bei der Einweihung. Die Dokumentation "Das Schwarze Museum" zeigt das Ringen um die Entstehung der Institution und die Bemühungen der Verantwortlichen, einen Ort der Verständigung zu schaffen. Das Museum zeigt, dass die Geschichte der Schwarzen Bevölkerung der USA ein integraler Bestandteil der Geschichte aller Amerikanerinnen und Amerikaner ist - und deshalb mehr Raum einnehmen muss. 

"Das Schwarze Museum - Ein Monument für die Geschichte und Kultur der Afroamerikaner", Arte-Mediathek, bis 11. September 

Das Museumsgebäude des National Museum of African American History and Culture in Washington
Foto: Wikimedia Commons/Frank Schulenburg

Das Museumsgebäude des National Museum of African American History and Culture in Washington


Wie queer ist der deutsche Film?

Eine Studie der Universität Rostock kam 2017 zu dem (wenig überraschenden) Schluss, dass der deutsche Film überwiegend heterosexuell geprägt ist. Zwar wurde schon von Homosexualität und Queerness erzählt, seit es das Medium Film gibt. Aber noch immer ist queeres Begehren auf der Leinwand eine Randerscheinung - und wird außerdem meist klischeebeladen und als Konflikt erzählt. 

Der Film "Queer Cinema" erzählt die Geschichte des deutschen Kinos anhand von Meilensteilen jenseits der bekannten Mann-Frau-Liebesgeschichte. Er beginnt mit dem Stummfilm "Anders als die Andern", in dem bereits 1919 der gesellschaftliche Umgang mit schwulen Männern und der Paragraph 175 im Strafgesetzbuch angeprangert wurde, der sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte. Mit "Mädchen in Uniform" von 1931 beginnt die Geschichte der Sichtbarkeit von lesbischer Sexualität auf der Leinwand - immer begleitet von öffentlichem Entsetzen und Zensur.

Entlang von Filmen wie "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt", "Jagdszenen aus Niederbayern", "Aimée und Jaguar" oder "Romeos" werden wegweisende Darstellungen von Homo- und Transsexualität vorgestellt und analysiert. Der historische Überblick, der zwar nicht besonders weit in die Tiefe geht, aber einen erhellenden Einstieg in das Thema liefert, kommt schließlich beim Film "Futur Drei" (2020) von Faraz Shariat an. Dieser wird als eine mögliche Zukunft des deutschen Kinos bewertet, denn hier ist Queerness nicht mehr das Hauptthema oder das "Problem" einer Geschichte, sondern wird eher beiläufig gezeigt. Bis diese Selbstverständlichkeit auf der Leinwand jedoch selbst zur Normalität wird, ist es noch ein ziemlich weiter Weg. 

"Queer Cinema", 3-Sat-Mediathek, bis 2. Juli 2022

Der Schauspieler und Trans-Aktivist Brix Schaumburg im Film "Queer Cinema"
Foto: Daniel Konhäuser / ZDF

Der Schauspieler und Trans-Aktivist Brix Schaumburg im Film "Queer Cinema"