Rudolf Stingel "Untitled", 2014
Elke Buhr: Was fasziniert Sie noch an Stingels Arbeiten?
Udo Kittelmann: Was mir auch immer bei Stingels Arbeiten in den Kopf gekommen ist, war der Begriff der Schönheit. Seine Arbeiten haben ja eine unglaubliche Ästhetik, sie sind unglaublich schön, und ich habe mich über viele Jahrzehnte gegen den Begriff gewehrt. Ich habe versucht zu vermeiden zu sagen: Ich finde das schön.
Warum?
Weil Schönheit oft mit etwas Dekorativem einhergeht. Und heute würde ich sagen: Ja mein Gott, warum denn nicht? Was spricht denn gegen etwas, was dekorativ ist? Was offensichtlich schön ist? Und was eine schöne Materialität zeigt?
Die Teppiche von Rudolf Stingel möchte man sofort anfassen. Darf man das?
Manche Werke ja, andere nein. Abe ich glaube, dass die Werke das dem Besucher auch signalisieren. Wenn man in diesen bestimmten Teppichen seine Zeichen hinein gibt, oder gestische Malereien hinein gibt, das funktioniert, das lädt dazu ein. Bei anderen sind die Besucher sehr viel vorsichtiger. Seit vielen Jahren macht Rudolf Stingel diese Installationen mit dem Dämmmaterial Celotex, und man ist eingeladen, dort seine Zeichen einzukratzen. Oftmals sind die nur temporär.
Dieses hier entstammt wieder einer früheren Installation, die hat er dann für alle Ewigkeiten in ein Material gegossen hat, was uns alle überleben wird. Das Interessante ist, dass die meisten Menschen Botschaften der Liebe haben, des Friedens, an die Kinder, an die Partner. Wenig politische Botschaften, wie man ja vielleicht annehmen könnte. Ich schaffe hier etwas, womit ich manifestieren kann, dass ich ein Mensch bin.