Aktion von "Extinction Rebellion"

Hausboot

Extinction Rebellion lassen ein überflutetes Haus auf der Themse in London treiben
Foto: dpa

Extinction Rebellion lassen ein überflutetes Haus auf der Themse in London treiben

In London hat "Extinction Rebellion" ein halbversunkenes Haus die Themse heruntertreiben lassen. Für die Klimaaktivisten ist die Aktion ein Vorgeschmack auf weltweit steigende Meeresspiegel 

Ob das Haus als Metapher für den Planeten Erde besonders passend ist, lässt sich diskutieren. Schließlich wird das Eigenheim als Eigentum betrachtet, in dem die Bewohner auf Privatsphäre pochen und tun und lassen können, was sie wollen. Genau das muss aber aufhören, wenn die Erde nicht weiter zerstört werden soll. Also müsste man das Haus eher nicht aus Wüstenrot-Sparer-Perspektive, sondern als universelle Behausung sehen, auf deren Intaktheit wir alle angewiesen sind - einfach den Vermieter anrufen, wenn was tropft, geht ja auch nicht.

In der derzeitigen Klimabewegung hat die Haus-Metapher Konjunktur. Auf den "Fridays For Future"-Demos sieht man immer wieder Plakate mit dem Greta-Thunberg-Zitat, dass "unser Haus in Flammen steht", die Londoner Aktivisten von "Extinction Rebellion" setzen die planetarische Architektur nun unter Wasser. Mit einem Floß in Form eines halbversunkenen Einfamilienhauses trieben Mitglieder der Protestbewegung die Themse nahe der Londonder Tower Bridge entlang. Laut Katey Burak and Rob Higgs⁣⁣, die die Installation gebaut haben, ist die Aktion ein sehr plastischer eyecatcher, der auf die steigenden Meeresspiegel aufmerksam machen soll, die zukünftig tatsächlich zu schweren Überflutungen auch in Großbritannien führen könnten. Wie das in der Realität aussieht, muss gerade Venedig erfahren. 

Künstler fluten mit Vorliebe ganze Museen

"Extinction Rebellion", die unter anderem den Fluss Limmat in Zürich grün gefärbt haben, sind spezialisiert auf spektakuläre und fotogene Aktionen im öffentlichen Raum und bedienen sich dabei auch an künstlerischen Strategien. Auch das Unterwassersetzen von Architektur hat in der Kunst gerade Konjunktur. Im vergangenen Jahr versenkte der Künstler Asmund Havsteen eine Nachbildung von Le Corbusiers Villa Savoye vor der dänischen Küste im Meer. Die Moderne sei auf Grund gelaufen, so Havsteens Begründung. Céleste Boursier-Mougenot flutete 2015 das Pariser Palais de Tokyo und ließ die Besucher mit dem Boot herumpaddeln. Tezi Gabunia setzte dagegen 2018 in einem Video das Louvre unter Wasser, und das Künstlerkollektiv Superflex entwarf schon 2009 eine postapokalyptische Vision eines Unterwasser-McDonalds. 

Das Eindringen von Wasser ist die Verbildlichung einer nahenden Katastrophe, die Metapher der Flut lässt sich jedoch auch hervorragend als feuchte Institutionskritik benutzen. Geflutet werden symbolische Orte der Kulturindustrie oder des Kapitalismus. Sollte die Themse aufgrund steigender Meeresspiegel tatsächlich in der nahen Zukunft über die Ufer treten, wären die Houses of Parliament in Westminster übrigens unter den ersten Londoner Gebäuden, die vollaufen würden. Dagegen ist das bescheidene Häuschen von "Extinction Rebellion" lediglich ein Apokalypschen.